|
Kleiner Magen – großer Hunger
Jeder Pferdebesitzer weiß, dass
das Fassungsvermögen des Pferdemagens nur etwa 12 Liter – je nach Größe des Pferdes
– beträgt. Damit sind häufi ge Futtergaben notwendig, weil der Pferdemagen mit
großen Futtermengen überfordert ist. In der freien Wildbahn nehmen Pferde bis
zu 16 Stunden täglich Futter auf. Das Pferd gilt deshalb als Dauerfresser. Meist
haben wildlebende Pferde allerdings nur spärliches, krages Gras zur Verfügung
und müssen darum umso größere Mengen aufnehmen, um den Energiebedarf zu decken.
Die moderne Zucht hat wesentlich größere Pferde hervorgebracht, als in der freien
Natur wohl jemals entstanden wären.
Dies erfordert eine größere Futtermenge,
weil große Organismen mehr Energie zur Erhaltung benötigen als kleine. Die fetten
Weiden sowie die mittlerweile in fast allen Ställen üblichen Kraftfuttergaben
können diesen Energiebedarf mehr als decken. Über das energiereiche Kraftfutter
reduzieren sich sogar die Fresszeiten enorm, was dem Sportreiter durchaus entgegenkommt.
Allerdings ist der Magen-Darmtrakt des Pferdes nicht auf die Verarbeitung von
großen Kraftfuttermengen ausgelegt. Die stundenlange Diät bis zur nächsten Fütterung
verkraftet es ebenso wenig. Das Pferd hat keine Gallenblase, die Gallenfl üssigkeit
wird deshalb kontinuierlich eingespritzt. Darum – sowie aufgrund des relativ kleinen
Magens – ist eine häufi ge, rohfaserreiche Fütterung mit relativ geringen Portionen,
aber nur kurzen Fresspausen wichtig. In der Praxis würde dies eine mindestens
fünfmalige Fütterung am Tag – vorzugsweise mit Gras (je nach Jahreszeit), Heu
und Stroh – bedeuten. Kraftfutter sollte erst recht auf mehrere Gaben verteilt
werden, wenn die Verabreichung aufgrund der Leistungsabforderung als notwendig
erscheint.
Fünfmal füttern – in der Praxis möglich?
Wie aber
lassen sich diese Anforderungen erfüllen? Nicht jeder hat die Möglichkeit, fünfmal
täglich zu füttern. In der Praxis ist schon eine dreimalige Fütterung oft undenkbar.
In der Regel werden die Pferde deshalb zweimal täglich gefüttert und kommen sogar
erstaunlicherweise recht gut klar damit. Doch häufi ge Kolikerkrankungen und Stoffwechselprobleme,
die bei Hauspferden schon fast zur Volkskrankheit geworden sind, sprechen eine
andere Sprache. Ein Umdenken ist deshalb erforderlich, um die Pferde leistungsfähig
und gesund zu erhalten. Das Stallmanagement muss sich den Bedürfnissen des Pferdes
anpassen, nicht umgekehrt. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten: Entweder man spart
nicht an Personal, dann ist eine mehrmalige Fütterung am Tag durchaus machbar.
Oder man investiert in die Technik und lässt sich bei der Fütterungsarbeit der
Pferde unterstützen. Mittlerweile gibt es nicht nur Kraft-, sondern auch Raufutterautomaten
auf dem Markt, die sowohl in Boxen als auch in Offenställen einsetzbar sind. Diese
Automaten können so programmiert werden, dass sie den Pferden mehrmals am Tag
eine Portion Heu zukommen lassen. Es gibt auch Kombinationen, bei denen Kraftfutter
und Heu gefüttert werden können. Gesteuert wird das System über eine Zeitschaltuhr,
die entsprechend programmiert wird.
Noch sind diese Automaten recht teuer
und benötigen natürlich für den Raufutterbedarf relativ viel Platz, doch wenn
diese Versorgungsform schon beim Neubau eines Stallgebäudes mit einkalkuliert
wird, werden die Pferde optimal versorgt. In vielen Altbauten können die Automaten
aber auch gut nachgerüstet werden. Wenn mit der Anschaffung der Automaten Koliken
vermieden werden (Tierarztkosten) oder Personal gespart werden kann, lohnt sich
der Kauf langfristig auch wirtschaftlich.
Für Offenställe gibt es auch
computergesteuerte Fütterungssysteme, bei denen die Pferde nur über einen bestimmten
Code Zutritt zur Futterstelle erhalten. Dabei wird den Tieren ein Chip eingesetzt
oder an einem Halsband oder um die Fessel herum getragen. Für welche Form der
technikgesteuerten Fütterungssysteme man sich entscheidet, hängt immer von den
jeweiligen Umständen ab.
Es ist aber auch zu bedenken, dass die technische
Unterstützung ebenso ihre Nachteile haben kann. Selbst wenn Akkus einen Stromausfall
überbrücken und allerlei Details die Funktionalität zu einem hohen Prozentsatz
garantieren, kann es immer zu Ausfällen und Fehlfunktionen kommen. Der Mensch
ist im Pferdestall unersetzlich, insbesondere wenn es darum geht, den Gesundheitszustand
der Pferde zu überwachen. Die technischen Errungenschaften dürfen deshalb nicht
dazu führen, die Pferde nun sich selbst zu überlassen. Dies kann fatale Folgen
haben, wenn Verletzungen oder Krankheiten zu spät erkannt und behandelt werden.
Die Wasserversorgung
Neben einer artgerechten Fütterung muss
auch die Versorgung mit frischem Wasser gewährleistet sein. Ein täglich mehrmaliges
Tränken der Pferde ist ebenso recht aufwendig, so dass man zu Systemen übergegangen
ist, wodurch die Pferde ihr Wasser zu jeder Zeit selbst abfordern können. Die
sogenannten Selbsttränken sind aus keinem Stall mehr wegzudenken, und wer heute
noch Wasser mit Eimern schleppt, der wird von den Reiterskollegen bedauert. Dabei
ist das Tränken mit Eimern nicht die schlechteste Lösung, auch wenn sie mühsamer
ist. So steht die Wasseraufnahme der Pferde immer unter menschlicher Kontrolle.
Dies ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt für die Beurteilung des Gesundheitszustandes.
Dennoch entscheiden sich viele Pferdebesitzer für Tränksysteme. Dabei sind frostsichere
Tränken ein sinnvoller Luxus, weil die Pferde auch im Winter ständig mit Frischwasser
versorgt sind. Auch hier gibt es die unterschiedlichsten Lösungen: Mit Heizdrähten
umwickelte Wasserrohre, über ein Durchlaufsystem, bei dem das Wasser in den Leitungen
erwärmt wird bis hin zur Zuführung der Wasserleitung in frostsicherer Tiefe (mind.
1,20 Meter im Erdreich). Für welches System man sich hier entscheidet, ist eine
Frage der Kosten und der Situation vor Ort. Nicht immer sind alle Lösungen machbar.
Mit einkalkuliert werden müssen außerdem auch die laufenden Kosten für die Beheizung
der Rohre beziehungsweise des Wassers.
Grundsätzlich zu bevorzugen sind
jedoch Schwimmertränken. Die Pferde können wie aus einem Eimer das Wasser aufnehmen.
Über ein Schwimmersystem fl ießt anschließend so viel Wasser nach, bis der ursprüngliche
Pegel wieder erreicht ist. Damit nehmen Pferde das Wasser lieber und in größeren
Mengen auf als bei Tränken, die mit einem Zungen- oder Stabventil ausgerüstet
sind und Wasser nur auf Abforderung (Druck auf die Zunge) fl ießt. Die Pferde
trinken dabei zwar nicht so hastig, was aber auch nur dann der Fall ist, wenn
sie viel Durst haben, also längere Zeit kein Wasser zur Verfügung hatten oder
vom Training noch erhitzt sind. In dieser Phase ist es sowieso falsch, die Pferde
zu tränken.
Koliken durch Selbsttränken?
Problematisch
ist vielmehr auch, dass die Pferde bei den herkömmlichen Selbsttränken zu viel
Luft mit abschlucken, was zu Magen-Darm-Problemen führen kann. Es wurde festgestellt,
dass manche Pferde allein aufgrund dieser Tatsache kolikanfällig sind. Deshalb
haben sich Schwimmertränken besser bewährt.
Das Wasser ist täglich zu
kontrollieren, denn auch hier kann es zu Defekten kommen. Außerdem muss die Tränke
immer mal wieder gereinigt werden.
Sinnvoll ist es übrigens, die Tränkstation
von der Futterstelle getrennt anzulegen, damit die Pferde zwischen Futter und
Wasser pendeln müssen und somit in Bewegung bleiben. Dies kommt auch der natürlichen
Situation am nächsten.
Es ist stets der Gesundheit des Pferdes zuträglich,
wenn beim Fütterungsmanagement die natürlichen Bedürfnisse des Pferdes so weit
wie irgend möglich berücksichtigt werden. Jegliche Abweichungen von der natürlichen
Situation birgt Risiken in sich, die sich akut (Koliken) oder auch längerfristig
(beispielsweise Stoffwechselprobleme, die sich erst nach Jahren deutlich werden)
negativ auswirken können. Auch vor dem Hintergrund der Nutzung des Pferdes – beispielsweise
als Turnierpferd – sollten die natürlichen Bedürfnisse des Tieres nicht aus den
Augen verloren werden.
Quelle:
Renate Ettl für westernreiter (EWU)
Fragen? Die 20 wittelsbuerger.com-Experten helfen gerne weiter, z.B.
Petra Roth-Leckebusch für den Bereich Zucht. Zum
wittelsbuerger.com-Expertenforum gelangen Sie hier.
|