wittelsbuerger.com - Europas erste Adresse für den Westernreitsport
Serie: Therapien für Pferde
Wenn Muskeln unter Stress stehen
wittelsbuerger.info
Wissen
Besucher online
Unsere Foren: Informieren Sie sich und diskutieren Sie mit!
Wissen
 
Navigation
zurück
 
Diese Seite ausdrucken
Diese Seite
zu den Favoriten
Diese Seite
als Startseite
 
 
Kontakt & Feedback
Kontakt &
Feedback


Sitemap & Suchfunktion
Sitemap &
Suchfunktion


International Visitors
International
Visitors


zur Startseite

zurück zur
Startseite


Teil 1:
Kleine Stiche mit großer Wirkung: Akupunktur


Teil 2:
Bewertung nach Punkten: Akupunktur

Teil 3:
Triggerpunkttherapie: Wenn Muskeln unter Stress stehen

Teil 4:
Wärmetherapie

Eine spezielle Form der Muskelbehandlung ist die Triggerpunkttherapie, auch Stresspunktmassage genannt. Viele Pferde leiden unter verspannter Muskulatur, die die unterschiedlichsten Ursachen haben kann. Mit Hilfe der Triggerpunkttherapie lassen sich die Verspannungsareale aufspüren und lockern.

Es sind nicht allein die anstrengenden Trainingseinheiten, die in der Muskulatur eines Pferdes einen Hypertonus auslösen können. Es gibt bedeutend mehr Faktoren, die zu einer festen und verspannten Muskulatur führen. So kann auch ein Bewegungsmangel der Auslöser für Muskelschmerzen sein, aber auch mechanische Einwirkungen, Witterungseinfl üsse (insbesondere Kälte und Nässe) sowie psychosozialer Stress.

Ursachen von Muskelverspannungen

Aus meiner Praxis gleich ein signifi kantes Beispiel: Ich betreue ein S-Dressurpferd regelmäßig physiotherapeutisch. Bei diesem Pferd stellten sich immer wieder Muskelverspannungen ein, und dies obwohl die Muskeltherapie gut ansprach, die Reiterin ein optimales Training praktizierte und die Haltungsbedingungen vermeintlich perfekt waren. Das Pferd fühlte sich sowohl in seiner (Außen-)Box als auch in der Herde im Auslauf und auf der Weide wohl.

Die Fütterung war gut abgestimmt und sonst waren keine Probleme festzustellen. Dennoch fanden sich immer wieder dieselben Triggerpunkte. Die Muskulatur war dauerhaft nicht wirklich fi t, obwohl das Pferd gute Arbeit leistete und eine hohe Leistungsbereitschaft zeigte. Aufgrund persönlicher Lebensumstände stellte die Besitzerin ihr Pferd in einen anderen Stall, indem die Voraussetzungen für eine artgerechte Pferdehaltung nicht so optimal erschienen, weil wesentlich weniger Platz vorhanden war, ein kleinerer Auslauf und nur ein Artgenosse, mit dem sich die Stute aber gut verstand. Doch auch im vorigen Stall standen diese beiden Pferde zusammen. Der Muskelzustand des Pferdes veränderte sich schlagartig, die Massagebehandlungen waren nachhaltig und Rezidiven traten nicht mehr auf.

Ein typisches Beispiel von psychischem Stress, dem das Pferd im alten Stall ausgesetzt war, dessen genaue Ursache aber nie gefunden wurde. Diese Formen von Stressauslösern, die sich letztendlich auf die Muskulatur niederschlagen, gibt es öfters als man vermuten mag. Darum ist die Überprüfung der Haltungsbedingungen inklusive Fütterungscheck ein wichtiger Bestandteil für die Gesunderhaltung des Pferdes.

Muskelverspannungen sind dabei nicht nur als primäres Problem zu sehen, denn sie lösen eine pathophysiologische Kettenreaktion aus. So kommt es aufgrund des Hypertonus der Muskulatur zu Durchblutungsstörungen in den Kapillargefäßen, die wiederum eine Hypoxie zur Folge haben. Aufgrund der mangelnden Sauerstoffversorgung der einzelnen Zellen 22 in der Muskulatur und des Bindegewebes kommt es schließlich zu einem Energiedefi zit auf zellulärer Ebene. Darauf folgt eine vermehrte Laktatbildung (Laktat = das Salz der Milchsäure), die eine Übersäuerung des Muskels produziert.

Pathophysiologische Kettenreaktionen

Ein übersäuerter Muskel ist in seiner Funktion eingeschränkt. Damit sind die Gelenke nicht mehr endgradig beweglich. Als Folge davon kommt es zu Bewegungseinschränkungen und später auch zu Lahmheiten. Die Ermüdung der Muskulatur ist eine der häufi gsten Ursachen von Lahmheiten! Denn funktionseingeschränkte Muskeln sind auch nicht mehr in der Lage, die notwendige Haltearbeit für das Skelettsystem zu leisten. Muskeln sind – je nach Lage und Funktion – nämlich sowohl für die Bewegung als auch für Haltearbeiten zuständig. Sind diese Funktionen jedoch eingeschränkt, kommt es zur Überlastung von Knochen, Sehnen und Bändern. Sehr häufi g resultieren deshalb Sehnenverletzungen aus einer ermüdeten beziehungsweise verspannten Muskulatur.

Einer lockeren, entspannten Muskulatur muss deshalb besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Über die Triggerpunkttherapie kann eine gute Entspannung der Muskulatur erreicht werden. Triggerpunkte sind hyperirritierbare Regionen innerhalb eines Muskels oder der umgebenden Faszien. Die Muskulatur in der Umgebung ist meist hart und verspannt. Manchmal fühlt man harte Muskelstränge, die an Stahlseile erinnern. Diese verspannten Muskelregionen können gegen Nerven und Arterien drücken, was zur Blut- und damit Sauerstoffunterversorgung führt. Weil außerdem Druck auf die Nerven ausgeübt wird, sind diese Punkte enorm schmerzempfi ndlich. Charakteristisch für einen Trigger- oder Abzugspunkt ist die Zuckung der Haut, die aber nicht immer in der Region des Triggerpunkts reagiert, sondern auch an peripheren Stellen, wenn man Druck auf einen Stresspunkt ausübt.

Reaktive Triggerpunkte können längerfristig zu chronischen Schmerzen führen. Auch das Abstellen der Ursache für die Entstehung von Muskelverspannungen ist kein Garant dafür, dass sich bereits verspannte Areale selbstständig wieder lösen. Deshalb ist eine muskeltherapeutische Behandlung sinnvoll, die außerdem je früher desto besser durchgeführt werden sollte, um Chronifi zierungen vorzubeugen.

Triggerpunkte aufspüren

Gesundes Muskelgewebe reagiert nicht auf einen mechanischen festen Druck. So kann jeder selbst verspannte Areale seines Pferdes ausfi ndig machen. Triggerpunkte können prinzipiell in jeder Region auftreten, doch hat sich erwiesen, dass bestimmte Areale öfters betroffen sind. Der amerikanische Physiotherapeut Jack Meagher hat ein System entwickelt, nach dem er die häufi gsten Stresspunkte katalogisiert hat. Welche Triggerpunkte reaktiv sind, hängt insbesondere auch von der Verwendung des Pferdes ab. Westernpferde zeigen häufi g Triggerpunkte in den so genannten Hamstrings, insbesondere sind der musculus semimembranosus und musculus semitendinosus betroffen. Auch der Bizeps sowie der musculus gastrocneminus sind gerne mit von der Partie, wenn es um Verspannungen geht. Doch auch die Schulter- und Brustmuskulatur ist häufi g in Mitleidenschaft gezogen.

Bei Pferden, die schlecht passende Sättel tragen müssen – erfahrungsgemäß sind hier die meisten Freizeit-Geländepferde betroffen – kommt es sehr häufi g im Bereich seitlich des Widerrists, dem musculus trapezius, zu reaktiven Triggerpunkten. Abzugspunktregionen sind nicht nur auf mechanischen Druck schmerzempfi ndlich, sondern weisen auch eine höhere Temperatur von fünf bis zehn Grad gegenüber der restlichen Körpertemperatur auf. Dies kann man mit der Infrarot-Thermografi e messen.

Die genaue Kenntnis der Lage von Abzugspunkten ist ein großer Vorteil für die Früherkennung von Schmerzarealen und Verspannungsbereiche. Eine sofortige Behandlung von bereits kleinen Mikro-Traumen, die noch keine anderweitigen Auswirkungen gezeigt haben, kann größere Traumen wie Lahmheiten und Bewegungseinschränkungen verhindern. Hierzu dienen dem Therapeuten ausschließlich seine (geschulten!) Hände. Massagegeräte können die gezielte Therapie lediglich unterstützen, aber nicht das Übel an der Wurzel packen. Ich selbst setze Massagegeräte nur ergänzend und dann nach der manuellen Behandlung ein, um das Gewebe weiter sanft zu entspannen und dem Pferd ein angenehmes Gefühl zu geben. Massagegeräte helfen, die Therapie sanft ausklingen zu lassen und das Pferd aus der Behandlung mit einem guten Gefühl zu entlassen.

Ablauf und Wirkung der Therapie

Meist fi ndet man Verspannungspunkte an den Übergängen der Sehnen zur Muskulatur. Um sie aufzuspüren, ist natürlich die Kenntnis der Muskelverläufe, deren Ursprung und Ansatz sowie der Funktion der Muskeln wichtig. Die Tiefenmassage besteht nun darin, auf den Triggerpunkt direkten Druck zu geben. Das ist für das Pferd zunächst relativ schmerzhaft, darum ist es für den Therapeuten wichtig, sich langsam in die Therapie einzuschleichen und mit Gefühl vorzugehen. Es gibt durchaus nicht wenige Pferde, die sich mit Bissen oder Tritten gegen den Schmerz zu wehren versuchen, wenn ein Punkt besonders empfi ndlich ist. Der Fingerdruck auf den Stresspunkt ist darum auf die Schmerzverträglichkeit des Pferdes abzustimmen.

Der direkte Druck bewirkt eine Ischämie des Gewebes und beim Lösen des Drucks nachfolgend eine vermehrte Durchblutung der Region. Ein weiterer Effekt ist die Freisetzung von körpereigenen Endorphinen (Schmerzhemmer).

Zur weiteren Entspannung der Muskulatur bedient sich der Therapeut meist der Querfriktionstechnik. Zum Schluss ist es wichtig, den jeweiligen Muskel aufzudehnen, um den Triggerpunkt zu entspannen. Erst nach Dehnung des Muskels, die wiederum das Wissen um den Verlauf und die Funktion des Muskels sowie der Dehnungstechnik voraussetzt, stellt sich die eigentliche Entspannung ein, die den Therapieerfolg ausmacht.

Ein Pferd, dessen Muskulatur gepfl egt wird, fühlt sich nicht nur wohler in seiner Haut, sondern ist auch zu höheren Leistungen fähig. Nur ein entspannter Muskel kann sich auch anspannen und an Muskelmasse zulegen. Ein verspannter Muskel hingegen ist blockiert und kann seine Aufgabe nur noch unzureichend oder gar nicht mehr verrichten. Die verbesserte Leistungsfähigkeit eines optimal betreuten Muskeln ist vor allem für das Sportpferd interessant. In der Sporttherapie hat deshalb die Triggerpunkttherapie seinen festen Platz. Sporttherapeutische Muskelbehandlungen können eine Leistungssteigerung von bis zu zehn Prozent erreichen, die durchaus über Sieg und Niederlage entscheiden können. Somit dient die Triggerpunkttherapie nicht nur der Gesunderhaltung des Pferdes, sondern auch der Leistungssteigerung.

Der Fall eines Trailpferd, das nicht in der Lage war, einen Walk over ohne Stangenberührung zu absolvieren, beweist dies. Zunächst dachte man an Lustlosigkeit des Pferdes, weil es die Beine nicht heben wollte. Keine noch so ausgefeilte Trainingstechnik nützte, um das Problem zu beheben. Schließlich war die Besitzerin kurz davor zu resignieren: „Das ist einfach kein Trailpferd“. Trotzdem wurde das Pferd „als letzter Versuch“ in Behandlung gegeben. Es stellten sich Triggerpunkte im Bereich der Serratus-, Pectoralis- und Trizepsmuskulatur heraus. Nach einer einzigen Behandlung verminderten sich die Fehler an den Stangen deutlich. Jetzt traten Stangenfehler nur noch in Ausnahmefällen auf und Reiter wie Pferd fanden großen Spaß am Trailreiten und sind mittlerweile ein erfolgreiches Paar im Trailparcours. Interessanterweise war in diesem Fall nur eine einzige Behandlung notwendig, der Therapieerfolg blieb nachhaltig.

In den meisten Fällen sind jedoch mehrere Behandlungen notwendig. Insbesondere dann, wenn die Ursachen nicht behoben werden können, weil sie nicht gefunden werden oder ein Abstellen nicht möglich ist.

Mehr dazu
Triggerpunkttherapie bei wikipedi


Quelle:
Renate Ettl für westernreiter (EWU)


Fragen? Die 20 wittelsbuerger.com-Experten helfen gerne weiter,

z.B. Petra Roth-Leckebusch für den Bereich Zucht.
Zum wittelsbuerger.com-Expertenforum gelangen Sie hier.

Quellewesternreiter

Weitere Artikel zu diesem ThemaWas meinen Sie dazu?
Mehr Informationen rund ums PferdewissenReden Sie mit in unserem Diskussionsforum
  
Sie wollen mehr zum Thema wissen? Hier finden Sie
Informationen zum VerbandInformationen zur RasseInformationen zum Westernreiten

Drei unserer Auktionsangebote rund ums Westernreiten

 



Impressum© 2006 by wittelsbuerger.com / Disclaimer