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Eine
Reitstallbetreiberin hatte Ärger mit einer Einstellerin, die für
ihre Pferde keine Boxenmiete mehr zahlte. Nach einigem Hin und
Her, bestellte die Reitstallbetreiberin zwei Pferdehändler ein
und verkaufte diesen die Pferde der Einstellerin. Sodann klagte
sie die restlichen ausstehenden Kosten ein. Die Einstellerin wollte
mit Schadensersatzansprüchen aufrechnen, da die Pferde viel zu
billig verscherbelt worden seien. Das Landgericht Karlsruhe sah
dies anders und verurteilte die Einstellerin vollständig.
In der Berufung erteilte das Oberlandesgericht folgenden (gekürzt
wiedergegebenen) Hinweis, worauf sich die Parteien verglichen.
Das
Gericht ging davon aus, dass zwischen der Reitstallbetreiberin
und der Einstellerin eine Sicherungsübereignung stattgefunden
hat. Dies bedeutet, dass die Einstellerin der Reitstallbetreiberin
die Pferde zur Sicherung ihrer Forderungen übereignet hat.
Daher durfte die Reitstallbetreiberin die Pferde veräußern,
um die Außenstände zu verringern.
Nun aber kommt der Teil, den Reitstallbetreiber sich gut durchlesen
sollten.
Verletzt der Sicherungsnehmer, hier die Reitstallbetreiberin,
schuldhaft seine Pflicht zur bestmöglichen Verwertung des Sicherungsguts
(der Pferde), so ist dem Sicherungsgeber (der Einstellerin)
der aus der Pflichtverletzung entstandene Schaden zu ersetzen.
Denn der Sicherungsnehmer hat bei der Verwertung des Sicherungsguts
die berechtigten Belange des Sicherungsgebers in angemessener
und zumutbarer Weise zu berücksichtigen, soweit nicht seine
schutzwürdigen Sicherungsinteressen entgegen stehen. Deshalb
muss er grundsätzlich prüfen, welche Verwertungsmöglichkeiten
in Betracht kommen, und seine Verkaufsabsicht dem Kreis der
in Frage stehenden Interessenten hinreichend bekannt machen.
Welche Maßnahmen im Einzelnen geboten sind, hängt im Wesentlichen
von der Art des Sicherungsguts sowie den sonstigen besonderen
Umständen des Einzelfalls ab.
Die Reitstallbetreiberin als Sicherungsnehmerin musste deshalb
bestrebt sein, das bestmögliche Verwertungsergebnis zu erzielen.
Sollte sie als Betreiberin eines Pferdehofs nicht über das notwendige
Fachwissen zur Feststellung des Verkehrswerts der beiden Pferde
verfügt haben, wäre auch eine Verpflichtung der Klägerin zur
Einholung eines Sachverständigengutachtens in Betracht gekommen,
damit die Klägerin angemessene Preisverhandlungen mit Kaufinteressenten
hätte führen können.
Auch wenn die besonderen Umstände des vorliegenden Falles berücksichtigt
werden, nämlich ein berechtigtes Interesse der Klägerin an einer
zügigen Verwertung der beiden Pferde zur Vermeidung weiter auflaufender
Kosten, möglicherweise auch ein berechtigtes Interesse der Klägerin
an der wirksamen Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses
(also ein Verkauf an einen gewerblich handelnden Käufer) dürfte
eine Pflichtverletzung der Klägerin vorliegen. Sie hat ohne
Wertgutachten oder sonstige Maßnahmen zur Wertfeststellung beide
Pferde für nur 1.600 € und damit wohl deutlich unter dem Verkehrswert
verkauft.
Die Einstellerin hatte hier insb. ehorses.de ins Spiel gebracht.
Im Hinblick auf ein mögliches Ergebnis bei einer Fortsetzung
der Beweisaufnahme gibt der Senat aber zu bedenken, dass selbst
das von der Klägerin vorgelegte Parteigutachten für 14jährige
Springpferde den hilfsweisen Rückgriff auf Angebotspreise aus
dem Jahr 2020 von durchschnittlich 8.500 € bis 12.500 € mit
einem Sicherheitsabschlag für vertretbar hält. Auch die Berücksichtigung
des Turniererfolgs wenige Tage nach dem Bewertungsstichtag für
die Beurteilung der Rittigkeit wird in dem Parteigutachten für
vertretbar gehalten. Damit stimmt überein, dass der Pferdehändler
sehr schnell einen Käufer fand, der deutlich mehr bezahlte,
als der Händler
Selbst wenn lediglich die Kaufpreise berücksichtigt würden,
die der Händler kurz nach der Verwertung durch den Weiterverkauf
erzielt hat und von diesen Beträgen noch deutliche Abschläge
wegen der zuvor benannten berechtigten Interessen der Klägerin
berücksichtigt würden (also ein Abschlag zwischen 1/3 und ½),
verbliebe ein erzielbarer Verwertungserlös zwischen 5.250 €
und 7.000 €, also ein den tatsächlich erzielten Erlös übersteigender
Betrag zwischen 3.650 € und 5.400 € als möglicher Schadensersatzanspruch.
Man sollte also auch bei einer Sicherungsübereignung oder einem
ggf. bestehenden Vermieterpfandrecht, nicht nur das Prozedere,
sondern auch die Wertermittlung durchaus im Blick behalten,
da man sonst so gestellt wird, als hätte man diese Werte auch
tatsächlich erzielt und vereinnahmt.
Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken,
die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden,
abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf beträchtlichen
Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist,
zumal außergerichtliche Anwaltskosten des Angegriffenen meist
nicht vom Angreifer zu erstatten sind.
Grundsätzlich sollte man seine Ansprüche nicht ohne rechtlichen
Beistand verfolgen, gleiches gilt naturgemäß für die Verteidigung
gegen vermeintliche Ansprüche. Hilfe bei der Anwaltssuche bietet
der Deutsche Anwaltverein unter www.anwaltauskunft.de.
Autor: RA
Frank Richter, www.richterrecht.com
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