Zur Erklärung: Bei der Gebührenordnung für Tierärzte 
                  handelt es sich um eine bundesweit gültige Rechtsvorschrift. 
                  Tierarztpraxen sind an die GOT gebunden und müssen ihre 
                  Abrechnungen im Rahmen dieser Vorgaben gestalten. Im Juli 2022 
                  hat der Bundesrat die vom Bundesministerium für Ernährung 
                  und Landwirtschaft (BMEL) erarbeite Neufassung der GOT beschlossen. 
                  Seit dem 22. November 2022 ist diese gültig.
                Soenke Lauterbach bezieht im Interview Stellung zur neuen Gebührenordnung 
                  für Tierärzte:
                FN-aktuell: Wie steht die FN grundsätzlich zur 
                  neuen GOT?
                  Soenke Lauterbach: "Eine Novellierung 
                  der alten GOT, die seit 1999 keine grundlegenden Anpassungen 
                  erfahren hatte, war unausweichlich. Eine zukunftsfähige 
                  Aufstellung der Praxen ist wichtig für die Aufrechterhaltung 
                  und Verbesserung der tierärztlichen Versorgung unserer 
                  Pferde auch im Notdienst und an den Wochenenden. Das Ziel, den 
                  einfachen Abrechnungssatz kostendeckend zu gestalten, ist legitim. 
                  Auf Grund der Tatsache, dass es in den letzten gut 20 Jahren 
                  keine kontinuierlichen und in anderen Branchen üblichen 
                  Preisanpassungen gegeben hat, ist der Preissprung für die 
                  Kunden jetzt allerdings zum Teil erheblich."
                FN-aktuell: War die FN in die Überarbeitung der 
                  GOT eingebunden? 
                  Lauterbach: "Nein, die FN war in die Abstimmung 
                  der Entwürfe nicht involviert und hatte keine Möglichkeit 
                  zur Einflussnahme."
                FN-aktuell: Welche konkreten Punkte werden von der 
                  FN kritisiert?
                  Lauterbach: "Die FN kritisiert verschiedene 
                  Punkte im Zusammenhang mit der neuen GOT 2022.
                Zum einen lehnen wir die Erhebung einer pauschalen Hausbesuchsgebühr 
                  für jeden Besitzer ab, dessen Pferd an einem Stall durch 
                  den Tierarzt untersucht beziehungsweise behandelt wird. Der 
                  Pferdepraktiker ist üblicher Weise darauf ausgelegt, als 
                  Fahrpraxis unterwegs zu sein. Das heißt, ein Einbestellen 
                  der Pferde in die Praxis ist in der Regel gar nicht möglich 
                  oder vorgesehen. Deshalb sieht die GOT die Berechnung eines 
                  Wegegeldes von 3,50 € pro Doppelkilometer vor (mind. 13 
                  € pro Pferdeeigentümer). Die FN fordert die Rücknahme 
                  der Hausbesuchsgebühr für die Pferdefahrpraxis.
                Damit im Zusammenhang steht die pauschale Einordnung des Pferdes 
                  als "nicht landwirtschaftlich genutztes Tier", die 
                  die FN vehement ablehnt. Die Kosten für eine Behandlung 
                  von Nutztieren sind niedriger als die Kosten für Haustiere. 
                  Bereits in der bisherigen GOT war es für die Behandlung 
                  von Pferden möglich, auch den zwei- oder dreifachen Gebührensatz 
                  abzurechnen. In Abhängigkeit von dem Zeitaufwand der Behandlung, 
                  dem Wert des Tieres sowie weiteren Faktoren, ist eine Unterscheidung 
                  des Pferdes von anderen Nutztieren (z.B. Schweinen oder Rindern) 
                  und der damit einhergehende größere Spielraum des 
                  Tierarztes bei der Rechnungsstellung durchaus legitim. Die FN 
                  wehrt sich jedoch deutlich gegen die falsche Einordnung der 
                  BTK, nach der das Pferd kein landwirtschaftliches Nutztier darstellt. 
                  Das widerspricht der klaren Einordnung des Pferdes als landwirtschaftliches 
                  Nutztier, beispielsweise im EU Recht. Die fehlerhafte Auslegung 
                  der BTK führt unter anderem dazu, dass eine tierärztliche 
                  Behandlung auf einem Pferdebetrieb mit dem im Normalfall nicht 
                  vorgesehenen Hausbesuch eines Kleintierpraktikers gleichgesetzt 
                  wird und sorgt für eine weitere Erhöhung der Tierarztkosten."
                FN-aktuell: Welche Auswirkungen auf die Vergütung 
                  des Turniertierarztes hat die GOT 2022?
                  Lauterbach: "Die Gesellschaft für 
                  Pferdemedizin (GPM) und Arbeitsgruppen und Ausschüsse der 
                  BTK fordern auf Grund der Tätigkeit am Wochenende („Notdienst“), 
                  mindestens den zweifachen Satz für die Turnierbetreuung 
                  zu berechnen. Allerdings fällt bei geplanten Tätigkeiten 
                  am Wochenende auch keine Vergütung im Sinne eines Notdienstes 
                  an, zum Beispiel wenn eine reguläre Sprechstunde am Samstag 
                  angeboten wird oder ein vereinbarter Termin am Wochenende stattfindet. 
                  Die FN fordert analog dazu, dass ein rechtzeitig im Voraus vereinbarter 
                  Turnierdienst durch den Turniertierarzt nicht mit dem zweifachen 
                  Satz abgerechnet werden muss, sondern der einfache Satz greift."
                FN-aktuell: Welche Tipps gibt die FN den Pferdesportlern 
                  und Pferdebesitzern, um bestmöglich mit den erhöhten 
                  Kosten durch die GOT umzugehen?
                  Lauterbach: "Grundsätzlich gilt, dass der 
                  Tierarzt möglichst innerhalb der normalen Arbeitszeiten 
                  kontaktiert werden sollte. Gibt es ein Problem mit dem Pferd, 
                  sollte dementsprechend frühzeitig Kontakt zur Tierarztpraxis 
                  des Vertrauens aufgenommen werden. Wochentags vor 8 Uhr und 
                  nach 18 Uhr sowie an den Wochenenden besteht gemäß 
                  GOT die Pflicht für den Tierarzt, eine Notdienstgebühr 
                  zu erheben sowie alle Leistungen mindestens mit dem zweifachen 
                  Satz abzurechnen.
                Die Aneignung eines guten Basiswissens zur Pferdegesundheit 
                  ist generell sinnvoll und hilft im Ernstfall dabei, eine Bagatellverletzung 
                  bzw. Krankheitsbilder, die keine sofortige tierärztliche 
                  Behandlung am Wochenende beziehungsweise im Notdienst erfordern, 
                  von einem dringenden Notfall (z.B. Kolik, Augenverletzungen, 
                  starke Blutungen, allergische Reaktionen, Nageltritt) abzugrenzen. 
                  Im Zweifelsfall sollte aber immer ein Tierarzt hinzugezogen 
                  werden. Ist eine Rechnung nicht nachvollziehbar, raten wir dazu, 
                  die Tierärztin oder den Tierarzt darauf anzusprechen."
                FN-aktuell: Wie setzt sich die FN an dieser Stelle 
                  für die Interessen der Pferdesportler, -besitzer und -züchter 
                  ein?
                  Lauterbach: "Die FN hat bereits Gespräche 
                  mit der BTK geführt und fordert eine Klarstellung beziehungsweise 
                  Anpassung der fraglichen Punkte. Außerdem führen 
                  wir Gespräche mit dem Bundesministerium für Ernährung 
                  und Landwirtschaft (BMEL). Schließlich liegt die GOT in 
                  dessen Verantwortungsbereich und das BMEL muss auch die bindenden 
                  Vorgaben machen."
                
                
                
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