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Im
Oktober endet für die meisten Pferde die Weidesaison, und damit
endet die für Parasiten besonders infektionsreiche Zeit des Jahres.
Manche Pferde kommen auch während des Winters regelmäßig auf die
Weide. Niedrige Temperaturen und deutlich weniger ansteckende
Wurmlarven auf der Koppel senken das Infektionsrisiko ebenfalls.
Für alle Pferde ist jetzt der ideale Zeitpunkt für ein „Großreinemachen“.
Ab Ende Oktober und bis in den November hinein, spätestens aber
Anfang Dezember sollte die Jahresabschluss-Behandlung gegen Rundwürmer,
Bandwürmer und Magendasseln stattfinden. Dieser Termin ist sehr
wichtig. Unabhängig von den Ergebnissen etwaig durchgeführter
Kotuntersuchungen, sollten nun alle Pferde pauschal behandelt
werden. Im Gegensatz zu den im Sommer durchgeführten Entwurmungen
sollte man jetzt Produkte mit den Wirkstoffen Praziquantel (gegen
Bandwürmer) und Ivermectin oder Moxidectin (unter anderem auch
wirksam gegen Magendasseln) einsetzen.
Der beste Termin für die Bekämpfung der Magendasseln
ist Ende Oktober bis Anfang November. Denn mit dem Ende der warmen
Tage endet die Schwärmzeit der Dasselfliege. Ungefähr vier Wochen
danach sind auch aus den letzten Eiern, die von den erwachsenen
Fliegen auf den Vorderbeinen der Pferde abgelegt wurden, die Larven
geschlüpft und in den Körper des Pferdes gelangt. Um sie auf ihrem
Weg in den Magen aufzuhalten, ist eine baldige Entwurmung sinnvoll.
Der früher empfohlene Stichtag Anfang Dezember („Nikolaus-Entwurmung“)
ist heute nicht mehr relevant, da die heute verwendeten Wirkstoffe
auch frühe Larvenstadien abtöten können.
Ebenso bedeutend ist die Herbstbehandlung zur Bekämpfung der Rundwürmer.
Hier stehen erneut die kleinen Strongyliden und deren in der Darmschleimhaut
überdauernde Larvenstadien im Vordergrund. Diese können unbehandelt
bei ihrem Schlupf im Winter und folgenden Frühjahr vor allem bei
jungen Pferden zu Durchfällen und schwerwiegenden Erkrankungen
führen. Da die Medikamente gegen Magendasseln auch gegen Rundwürmer
wirken erzielt man hier einen doppelten Effekt. Durch eine Kombination
mit dem Wirkstoff Praziquantel werden zusätzlich Bandwürmer abgedeckt.
Selektiv oder nicht – das ist keine Frage
Gut gepflegte Pferde in hygienisch korrekt geführten Beständen
sind in Deutschland mittlerweile oft relativ parasitenarm. Dies
ist das Ergebnis jahrzehntelanger strategischer Entwurmung. Bedrohliche
Probleme wie Wurmkoliken, intermittierendes Hinken, Abmagerung
und Durchfall sowie mangelnde Leistungsfähigkeit konnten zum Wohl
der Pferde flächendeckend zurückgedrängt werden. Dieses Niveau
gilt es zu halten.
Was Wissenschaftler und Pferdehalter jetzt mehr und mehr umtreibt,
sind dagegen Resistenzen von Pferdeparasiten gegen die für die
Entwurmung eingesetzten Wirkstoffe. Noch ist die Situation nicht
wirklich bedrohlich, durch einen klugen Wirkstoffwechsel können
Tierarzt und Tierhalter aktiv daran mitwirken, die Wirksamkeit
der Entwurmungsmittel zu erhalten.
Immer wieder wird als möglicher Lösungsansatz für Resistenzprobleme
auch die selektive Entwurmung empfohlen. Das bedeutet: Statt wie
früher den gesamten Pferdebestand zu festgelegten Terminen zu
entwurmen, sollen nach durchgeführter Kotuntersuchung nur diejenigen
Tiere – selektiv – behandelt werden, bei denen die Eizahl im Kot
einen bestimmten Grenzwert überschreitet. Dadurch wird, so die
Annahme, die Selektion resistenter Parasiten in den unbehandelten
Pferden zeitweise ausgesetzt und die Verbreitung resistenter Würmer
verlangsamt oder sogar gestoppt. Dieses Verfahren hat man in der
Schafhaltung in Australien und Neuseeland erfolgreich zur Eindämmung
schwerwiegender Resistenzprobleme bei einigen Wurmarten eingesetzt,
es birgt jedoch erhebliche Risiken für die unbehandelten Tiere
und hilft auch nicht bei allen Parasiten. Es kann daher nur mit
Einschränkungen auf die Pferdehaltung übertragen werden.
Mut zur Lücke?
Welche Pferde kann man unbehandelt lassen? Wissenschaftler messen
den Befallsgrad eines Pferdes mit Parasiten in „Eiern pro Gramm
Kot“, abgekürzt EpG. Als nicht behandlungswürdig gelten Pferde
mit bis zu 200 EpG. Auf der Basis einer Kotuntersuchung müssten
dann gezielt nur diejenigen Tiere entwurmt werden, die 200 und
mehr EpG aufweisen. Leider ist es aber so, dass die EpG-Zahl mit
der Menge an tatsächlich im Pferd vorhandenen gefährlichen Parasiten
korrespondieren kann, jedoch nicht muss. Vor allem im Winterhalbjahr
scheiden Pferde häufig deutlich weniger Wurmeier aus als im Sommerhalbjahr.
Mit anderen Worten: Ein Pferd kann äußerlich unverdächtig sein
und an dem einen Tag der Probennahme unter 200 EpG haben, aber
trotzdem stark verwurmt sein. Auch gilt die EpG-Regel nur für
kleine Strongyliden und ist auf andere Parasiten nicht übertragbar,
insbesondere nicht auf Spulwürmer, Bandwürmer und Magendasseln.
Bei der Entwurmung ist also Augenmaß gefragt. Eine Orientierung
geben die „Empfehlungen zur nachhaltigen Kontrolle von Magen-Darmwurminfektionen
beim Pferd in Deutschland“1.
Leitlinien zur Pferdeentwurmung: Zwei Sicherheitsbehandlungen
Das Recht des einzelnen Pferdes auf ein parasitenarmes Leben und
die Befürchtung der Wissenschaft vor zunehmenden Resistenzen stehen
sich gegenüber. Ein praxisgerechtes und wirtschaftlich vertretbares
Parasitenmanagement erwachsener Pferde muss darauf eine Antwort
geben. Empfohlen werden zwei jährliche Sicherheitsbehandlungen:
Einmal im Juni oder Juli sowie ein zweites Mal Ende Oktober bis
Anfang November sollten alle erwachsenen Pferde eines Bestandes
„ohne Wenn und Aber“ entwurmt werden, bei der Herbstbehandlung
auch gegen Magendasseln und nach Bedarf gegen Bandwürmer. Zwischen
diesen beiden Standardbehandlungen sollte man nach individuellem
Bedarf jeweils Kotuntersuchungen eines jeden Pferdes durchführen
und dann zu diesen Terminen selektiv nur die Pferde behandeln,
die über 200 EpG haben. Damit erreicht man trotz aller Unsicherheiten
bei der Kotbeprobung zumindest eine Annäherung an den Optimalzustand:
– Die Pferde werden nicht unnötig oft behandelt.
– Durch die selektive Komponente nimmt man Einfluss auf die Resistenzproblematik.
– Die Sicherheitsbehandlungen verhindern eine überschießend hohe
Verwurmung aufgrund unexakter EpG-Ergebnisse oder weil das Tier
doch unerkannt mit Bandwürmern oder Großen Palisadenwürmern infiziert
war.
Neuzugänge aus einem anderen Stall sollten vor allem bei unbekanntem
bisherigen Entwurmungsmanagement unverzüglich mit einer breit
wirkenden Wirkstoffkombination wie Ivermectin oder Moxidectin
zusammen mit Praziquantel entwurmt und zwei bis drei Tage isoliert
werden (Quarantänebox), bevor sie zur bestehenden Gruppe gelassen
werden. Alternativ kann die Entwurmung bereits drei Tage vor dem
Umzug in den neuen Stall durchgeführt werden. So wird ein Einschleppen
von Parasiten in den eigenen Bestand vermieden. Neben der regelmäßigen
Reinigung der Pferdeboxen ist die Reinigung der Quarantänebox
wichtig. Hilfreich können hier der Einsatz eines Dampfstrahlers
und eine anschließende Desinfektion für eine wesentliche Reduktion
des Infektionsdrucks und von Neuinfektionen sein. Bei Pferden
in körperlich schlechtem Zustand ist evt. Vorsicht geboten, da
diese möglicherweise stark verwurmt sind oder in Verbindung mit
dem umzugsbedingten Stress Krankheitserscheinungen auftreten könnten.
In solchen Fällen sollte man mit dem Tierarzt besprechen, wie
am besten vorgegangen werden kann.
Wichtig: Auch bei reiner Boxenhaltung sollte nicht vollständig
auf Entwurmungen verzichtet werden. Pferde ohne Weidegang haben
zwar in der Regel ein geringeres Verwurmungs-Risiko als Weidepferde,
sind aber grundsätzlich auch gefährdet, vor allem wenn sie Auslauf
auf Paddocks o.ä. haben. Auch auf dem Hof, dem Reitplatz oder
in der Reithalle kann sich das Pferd über direkten oder indirekten
Kontakt zu anderen Pferden und (Resten von) deren Ausscheidungen
infizieren. Bei so gehaltenen Pferden kann man eher mit selektiver
Entwurmung arbeiten, doch auch hier sind zwei Entwurmungen pro
Jahr empfehlenswert. Eine im Juni/Juli sowie eine weitere, alle
Wurmarten und Magendasseln umfassende Entwurmung im Herbst. Wichtig
ist es zur Vermeidung von Neuinfektionen, drei Tage nach der Gabe
der Wurmkur die Pferdebox komplett und gründlich auszumisten.
Neuzugänge sollten ebenso wie in Weidehaltung bei Umstellung in
einen neuen Bestand entwurmt werden.
Laboruntersuchung mit Tücken
Die EpG-Bestimmung zum Nachweis von Eiern der Magen-Darm-Würmer
ist auf die Kleinen Strongyliden (auch „Kleine Palisadenwürmer“)
fokussiert. Für diese gilt der Grundsatz: Mit einem geringen oder
mittelstarken Befall kommen erwachsene Pferde meist gut zurecht.
Sie müssten in diesem Fall nicht entwurmt werden. In der Eizählung
lassen sich jedoch die Eier der Kleinen Palisadenwürmer nicht
von denen der Großen Palisadenwürmer unterscheiden. Und die letztgenannten
sind selbst in kleinster Zahl absolut gefährlich. Sie wandern
in der Wand der Blutgefäße des Bauchraums und können dadurch zu
unbehandelbaren, oft tödlichen thrombotisch-embolischen Koliken
führen. Nicht ohne Grund wurden sie früher „Pferdetöter“ genannt.
Große Palisadenwürmer sind selbst in kleiner Zahl nicht tolerierbar,
sie müssen grundsätzlich „raus“. Studien aus Dänemark und Schweden
haben gezeigt, dass die vielerorts getilgten Großen Palisadenwürmer
in selektiv entwurmten Pferdebeständen plötzlich wieder zum Problem
werden können. Für Fohlen und Jungpferde ist die selektive Entwurmung
nicht geeignet, da unerkannter Wurmbefall gerade in der Wachstumsphase
gravierende Folgen haben kann.
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