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Statt „Schulnoten“ nun Bewertung konkreter Risiken
Im neuen Röntgenleitfaden gibt es keine schulnotenähnlichen Röntgenklassen mehr. Stattdessen werden Röntgenbefunde mit Abweichungen von der normalen Röntgenanatomie vom Tierarzt beschrieben. Dabei wird genau unterschieden zwischen Befunden, bei denen das Risiko einer späteren Lahmheit nicht zuverlässig eingeschätzt werden kann und solchen, die tatsächlich mit einem Lahmheitsrisiko behaftet sind. Letztere werden mit dem Stichwort „Risiko“ gekennzeichnet. Die Einschätzung der risikobehafteten Röntgenbefunde basiert auf der internationalen Fachliteratur und der Fachkompetenz der Röntgenkommission der GPM. Aufnahmen, die keine Abweichungen von der normalen Röntgenanatomie aufweisen, werden mit „o.b.B.“ (ohne besonderen Befund) bezeichnet.
18 Standard-Aufnahmen als Beurteilungsgrundlage
Der Arbeit nach dem neuen Röntgenleitfaden liegen künftig 18 Standard-Aufnahmen zugrunde. „Das sind vier mehr als bisher üblich. Jedoch sollten gerade Verkäufer eines Pferdes ein grundsätzliches Interesse daran haben, dass bei der röntgenologischen Untersuchung nichts übersehen wird. Aufgrund der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie müssen sie nämlich im Streitfall beweisen, dass ein bestimmter schwerwiegender Röntgenbefund bei Gefahrübergang nicht vorhanden war“, sagt Theo Leuchten, Vizepräsident der FN und öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Pferdezucht und Pferdesport. So wird beispielsweise das bisherige Bild der vorderen „Zehe seitlich“ künftig auf zwei Bilder aufgeteilt. „Bisher bestand immer das Problem, drei Gelenke auf einem Bild akkurat darstellen zu müssen, was unmöglich ist, denn dabei gehen Details verloren. Wenn zum Beispiel der Fokus der Aufnahme auf das Hufgelenk gerichtet wurde, konnte das Fesselgelenk nicht ausreichend sicher beurteilt werden und umgekehrt“, erklärt Prof. Dr. Karsten Feige. Auch für das Knie kommt eine weitere Aufnahme dazu, „weil häufig erst auf dieser Aufnahme relevante Risikobefunde sichtbar werden“, so der GPM-Präsident. Nach wie vor nicht ins Standardrepertoire der Röntgen-Untersuchung gehören allerdings Bilder des Pferderückens, genauer gesagt der Wirbelsäule. „Es liegen nicht genügend wissenschaftliche Daten zur Interpretation der eventuellen Befunde vor, das heißt es gibt keine ausreichende diagnostische Sicherheit. Ein Pferd kann trotz Röntgenbildern mit Befunden dauerhaft ein gutes Reitpferd sein“, sagt Prof. Dr. Lischer, Mitglied der Röntgenkommission und Direktor der Pferdeklinik der Freien Universität Berlin.
Abweichend von der im neuen Röntgenleitfaden empfohlenen Zahl an Standardaufnahmen können sich Käufer und Verkäufer auch darauf verständigen, mehr oder weniger Röntgenbilder anfertigen zu lassen. Ohne besondere Vereinbarung greift grundsätzlich der neue Standard des Röntgenleitfadens 2018.
Mehr Transparenz und Sicherheit
„Der neue Röntgenleitfaden wird sowohl den Züchtern als auch künftigen Pferdebesitzern eine bessere Transparenz und mehr Sicherheit bei der Beurteilung der Röntgenbilder bringen“, so ein erstes Fazit von Dr. Werner Schade und Wilken Treu, den Zuchtleitern und Geschäftsführern des Hannoveraner Verbandes bzw. Westfälischen Pferdestammbuches. Auch Theo Leuchten begrüßt den neuen Röntgenleitfaden, weist aber darauf hin, „dass trotz allem nie vergessen werde sollte, dass es sich beim Pferd um ein Lebewesen handelt und sich gesundheitliche Risiken nie ganz ausschließen lassen – auch bei Pferden mit ursprünglich einwandfreien Untersuchungsergebnissen. Allerdings tragen gute Pferdehaltung und pferdegerechte Ausbildung zur langfristigen Gesunderhaltung unserer Pferde bei.“ hb
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Quelle |
Veterinärmedizinische
Universität Wien |
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