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Damit das Reitpferd schadensfrei über die Jahre
kommt, müssen gewisse Aspekte erfüllt werden.
Banal gesagt muss der Reiter dafür sorgen,
dass der Rücken seines Pferdes langfristig nicht
überlastet wird und somit „durchhängt“. Die
Richtlinien verschiedenster Reitweisen lehren
uns, dass dies nur über eine gewisse Versammlungsarbeit
gewährleistet werden kann. Nun
möchte der Geländereiter aber sicherlich keine
Dressuraufgaben absolvieren, die Hinterhand
ständig herantreiben, die Nachgiebigkeit fördern
und darauf achten, dass sich das liebe Tier
auch wirklich auf die Hinterhand setzt. Sicherlich
arbeiten anspruchsvolle Freizeitreiter auch
im Gelände am Versammlungsgrad ihres Pferdes,
doch die Mehrheit der Freizeitreiter haben
weder die Ambition dazu, noch sind sie wirklich
in der Lage, eine Versammlung auch nur annähernd
zu erreichen. Dies wird von diesen Pferdeliebhabern
auch nicht gewünscht, denn das
Ziel und die Motivation dieser Reiter sind eben
einfach nur Spazierritte im Gelände.
Natürliche Selbsthaltung
Die wichtigste Anforderung an ein Geländepferd
heißt deshalb Selbsthaltung. Ein Freizeit- und
Geländepferd sollte sowohl dem schwächeren
Reiter die Gelegenheit geben, seine Freizeitbeschäftigung
nach seinen Möglichkeiten
auszuführen, als auch dem fortgeschrittenen,
ambitionierten Reiter die Trainingsarbeit erleichtern,
ohne sich dabei selbst zu schädigen.
Fakt ist, dass ein Geländepferd in der Lage sein
muss, ohne dauerhafte Reitereinwirkung eine
natürliche Selbsthaltung und Balance zu finden,
die Überlastungen an Rücken und Beinen vorbeugt.
Denn der Freizeitreiter wird nicht nur 15
Minuten zum Entspannen am losen Zügel reiten
wollen, sondern möchte dies den gesamten
Ausritt über tun können. Darum eignen sich nur
Pferde zum Geländereiten, die ein ausgewogenes
Exterieur mitbringen, das ihnen erlaubt, in
Selbsthaltung zu gehen und trotz losem Zügel
und fehlender Versammlungsarbeit nicht vorhandlastig
werden.
Sicherlich schadet es keinem Pferd, wenn es
mal im Gelände bummelt. Doch wird vorhandlastiges
Reiten über viele Jahre hinweg praktiziert,
stellen sich unweigerlich Gesundheitsprobleme in Form vonvorzeitigen Verschleißerscheinungen ein. Dennoch
ist es oft erstaunlich, wie viele Pferde mit ungenügendem Exterieur einen
zudem noch schlecht sitzenden Reiter jahrelang „ertragen“ können.
Doch oft werden Schmerzen und Verletzungen vom Reiter nicht bemerkt,
so dass das Pferd leidet, ohne dass es zunächst auffällt. Darum ist Vorbeugen
besser als heilen (wenn dies dann überhaupt noch möglich ist).
Ein gutes Geländepferd braucht eine saubere Oberlinie, einen nicht zu tief
angesetzten Hals und einen tendenziell kurzen Rücken. Überbaute Pferde
sind ungünstig, ebenso Pferde mit großem, schweren Kopf und langem
Hals. Eine schräge Kruppe ist von Vorteil, sollte aber harmonisch zur
Schulterwinkelung passen. Selbstverständlich achtet man auch darauf,
dass das Pferd möglichst frei von Stellungsfehlern ist.
Charakter und Ausbildung
Dennoch: Das Exterieur ist nicht alles! Viele Pferde machen Exterieurmängel
durch ihre mentalen Eigenschaften mehr als wett. Ein gewisser Fleiß,
Motivation, Gehwille und Kooperationsbereitschaft sind Eigenschaften,
die ein gutes Geländepferd auszeichnen. Ein fleißiger Schritt mit viel
Untertritt liefert die Voraussetzung für eine gute Balance. Neben einem
wachen Gemüt sollte das Pferd aber auch besonders cool und ruhig sein.
Im Gelände können viele unvorhergesehene Ereignisse eintreten, die vom
Pferd starke Nerven erfordern, damit die Sicherheit von Reiter und Pferd
gewährleistet bleibt. Diese Mischung eines wachen, interessierten und
gehfreudigen Pferdes gepaart mit einem ausgeglichenen, ruhigen und
nervenstarken Charakter sind die besten Garanten für die notwendige Sicherheit
im Gelände. Damit wächst auch der Spaßfaktor des Reiters und
vergrößert dessen Erholungswert.
Last but not least macht ein gutes Geländepferd auch eine fundierte Ausbildung
aus. Um die Erziehung und Schulung des Pferdes kommt man
nicht herum. Dabei muss man kein Olympiasieger sein, um ein Pferd fürs
Geländereiten gut auszubilden, es reicht ein gesunder Menschenverstand
mit einem Pep Pferdeverständnis und Toleranz. Selbstverständlich bringt
es immer große Vorteile mit sich, wenn man eine gute reiterliche Ausbildung
mitbringt.
Damit wird Vieles einfacher:
Man kann das Pferd unterstützen, schonende Gänge zu entwickeln und
Verschleißerscheinungen vorbeugen;
Die Belastung des Pferdes kann minimiert werden;
Man ist routinierter in Gefahrensituationen und kann frühzeitig entsprechend
reagieren, um Unfälle zu verhindern;
Man kann unsichere Pferde besser kontrollieren;
Alles in allem kann man sowohl für Reiter als auch fürs Pferd mehr Sicherheit
gewährleisten und die Gesundheit erhalten.
Die Ausbildung des Pferdes besteht deshalb nicht nur in der körperlichen
Schulung und dem Muskelaufbau, sondern auch in der Schulung der
Psyche. So gehört ein regelmäßiges Scheutraining zur Ausbildung eines
Geländepferdes stets zur Routine. Der Reiter muss sich in der Kontrolle
und Konsequenz schulen und die Arbeit an einem ausbalancierten Sitz
schadet durchaus auch nicht. Das Pferd muss alle möglichen Gefahrensituationen
im Gelände kennenlernen. So soll es sich sicher im Straßenverkehr
bewegen können, aber auch unwegsames Gelände wie Steigungen,
Wasserdurchquerungen, matschige und rutschige Wege, steiniges Geläuf,
enge Schluchten, auf dem Weg liegende Baumstämme oder Gräben überwinden
können. Das sind durchaus anspruchsvolle Aufgaben, die ein Geländepferd
meistern muss. Damit relativiert sich der Ausspruch „ich will
ja nur ins Gelände gehen“ sehr rasch. Die Anforderungen an ein Freizeit-
/Geländepferd sind sehr hoch und bedürfen einer guten Ausbildung und
behutsamen Auswahl des Pferdes. Deshalb gilt für Geländepferde ganz
besonders: Das beste Pferd ist gerade gut genug!
Quelle:
Renate Ettl für westernreiter (EWU)
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