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Serie: Therapien für Pferde (Teil 11):
Kraniosacrale Osteopathie
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Die kraniosacrale Therapie ist ein eigenständiger Teilbereich der Osteopathie. Es handelt sich dabei um eine sehr sanfte Therapieform, auf die Pferde aufgrund ihrer großen Sensibilität sehr gut ansprechen. Die Basis der Therapie ist das Fühlen und Beeinfl ussen des kranialen Rhythmus, der als „Primärer Atmungsmechanismus“ bezeichnet wird.

 

Begründer der kraniosacralen Therapie war Dr. William. Garner Sutherland (1873- 1954), ein Schüler von Andrew Taylor Still, der Gründervater der Osteopathie. Sutherland war davon überzeugt, dass die Schädelknochen kein starres Gebilde darstellen, sondern eine artikuläre Mobilität aufweisen. Der Schädel besteht aus mehreren Platten, die über Nähte, den so genannten Suturen miteinander verbunden sind. Im frühkindlichen Alter sind diese Suturen sehr flexibel, mit Schließung der Fontanellen härten diese Nähte allerdings aus. Schulmediziner sind der Überzeugung, dass danach keinerlei Beweglichkeit mehr vorhanden ist. Sutherland und die heutigen Anwender der kraniosacralen Osteopathie hingegen sind anderer Meinung.

Sind die Schädelknochen doch beweglich?

Sutherland führte Experimente durch, um die Schädelbewegungen zu beweisen. Er band sich ein unflexibles Band um den Kopf, was ihm schließlich extremste Kopfschmerzen bereitete. Diesen Effekt können viele Westernreiter ebenfalls nachvollziehen, die von Kopfschmerzen berichten, wenn sie einen engen Westernhut über längere Zeit tragen. Sutherland nahm an, dass die Schädelknochen sich deshalb durchaus bewegten. Eine eingeschränkte Beweglichkeit – beispielsweise durch ein festes Stirnband – führt schließlich zu Kopfschmerzen.

Man nimmt an, dass die kraniellen Bewegungen durch den Liquorfluss zustande kommen. Der Liquor ist eine klare, eiweißhaltige Flüssigkeit, die in den Hirnventrikeln gebildet wird und das Zentrale Nervensystem umspült. Der Liquor fließt also im Gehirn und im Rückenmark bis zum Sakrum – deshalb spricht man auch vom kraniosacralen Rhythmus.

Grundlage der Therapie: Der kraniosacrale Rhythmus

Der Therapeut muss zuerst erlernen, diesen kraniosacralen Rhythmus, also den Primären Atmungsmechanismus (PAM) zu spüren. Erst dann ist es ihm auch möglich, den Rhythmus mit seinen Händen zu beeinflussen. Der PAM ist vom Pulsschlag und der Atmung völlig unabhängig, obwohl er mit acht bis zwölf Respirationen pro Minute dem Rhythmus des Atems recht nahe kommt. Ein guter kraniosacraler Therapeut kann den Atmungsmechanismus an fast jeder Stelle des Körpers spüren, primär jedoch fühlt man ihn am Schädel und am Kreuzbein.

Der Therapeut erfühlt eine so genannte Flexions- und Extensionsbewegung des Schädels, was man sich in etwa vorstellen kann wie ein Aufblähen und Abschwellen des Schädels. Der Schädel dehnt sich aus und zieht sich wieder zusammen. Dieser Rhythmus kann bei Störungen auch unregelmäßig erfolgen. Mit den Händen beeinflusst der Therapeut deshalb diesen Rhythmus, setzt einen „Still point“, also unterbricht den Rhythmus und wartet auf das erneute Einsetzen. Man kann dies damit vergleichen, als würde man bei einem Computer auf die „Reset- Taste“ drücken und den PC neu starten. Dabei wird dem Körper die Möglichkeit gegeben, sich neu zu organisieren und zu strukturieren.

Mit der kraniosacralen Technik beeinflusst der Therapeut auch Strukturen innerhalb des Schädels wie das „Kerngelenk“ des Schädels, die sphenobasilare Symphyse (SBS). Hierbei handelt es sich um die Verbindung des Sphenoids (Keilbein) mit dem Occiput (Hinterhauptsbein). Das Sphenoid ist ein Knochen, der ständig in Bewegung ist und die vorderen Schädelknochen beeinflusst, während die hinteren Schädelknochen vom Occiput gesteuert werden. Ist die SBS blockiert, wirkt sich dies auf den gesamten Schädel aus. Schließlich haben Störungen des Sphenoids und der SBS auch hormonelle Auswirkungen, da sich über der Sella turcica (Türkensattel) des Sphenoids die Hypophyse befindet, in der Hormone produziert und gespeichert werden. Läsionen der SBS können sogar schon durch äußere Hinweise erkannt werden. Bei Pferden mit massivem Rams- oder Hechtkopf, unterschiedlich großen und höhenversetzten Augen, ungleich großen und höhenversetzten Nüstern, unterschiedlichen Jochbeinleisten, starkem Über- oder Unterbiss und lateralen Gebissverschiebungen muss man an Läsionen der SBS denken. Ein deutliches Zeichen von SBS-Läsionen sind Verschiebungen und Kippungen der Crista nuchae.

Techniken der kraniosacralen Osteopathie

Der Kraniosacral-Therapeut beeinflusst aber nicht nur den Liquorfluss und die SBS, sondern behandelt auch die Suturen im Speziellen. Aufgrund von Fehlspannungen können die Schädelnähte blockieren und damit wiederum den PAM behindern. Zur Behandlung von Suturen wendet der Therapeut den energetischen oder mechanischen „V-spread“ an, die Traktionstechnik oder eine Kombination von Traktion und Kompression. Beim „V-spread“ schickt der Behandler quasi eine Liquorwelle durch die Struktur, indem er einen kleinen Impuls mit dem Finger gibt. Führt der Therapeut diese Technik mehrmals in Folge aus, wird die Sutur deblockiert.

Um den Liquorfluss zu verbessern, kennt der Kraniosacral-Therapeut beispielsweise Techniken, die den vierten Hirnventrikel komprimieren. Mit dieser so genannten „CV4“-Technik erreicht man eine Normalisierung des Liquorflusses in Rhythmus und Amplitude. Mit einer speziellen Grifftechnik am Kopf des Pferdes übt der Therapeut einen nur etwa fünf Gramm starken Druck auf die lateralen Bereiche des Occiput aus, wobei zugleich eine leichte Traktion des Occiput in Richtung Pferdenase durchgeführt wird. Der Behandler achtet dabei auf den Atmungsmechanismus und führt den Zug stets in der Extensionsphase aus.

Wichtige Kernstrukturen der kraniosacralen Therapie sind die so genannten Meningen, bei denen es sich um verschiedene Membranen handelt: 1. Die Falx cerebri (Hirnsichel), welche die Großhirnhemisphären voneinander trennt und von der harten Hirnhaut (Dura mater) gebildet wird.
2. Die Falx cerebelli (Kleinhirnsichel), die am Occiput ansetzt,
3. Das Tentorium cerebelli (Kleinhirnzelt), eine bindegewebige Struktur der Dura mater, welche die hintere Schädelgrube überdeckt, und
4. Die kraniale und medulläre Dura mater (harte Hirnhaut), die sich vom Schädel bis zum Kreuzbein erstreckt.

Die Normalisierung dieser Membranen erfolgt durch so genannte Lifttechniken, wobei die Hände des Therapeuten wiederum einen Zug von nur fünf Gramm in eine spezielle Richtung ausüben. Der Behandler wartet dabei, bis das Gewebe nachlässt und er einen Release verspürt. Die Membranen werden dadurch gelöst und entspannt. Häufige Techniken, die der Kraniosacral-Therapeut beim Pferd anwendet, sind der Frontallift, der Parietallift, der Occipitallift, der Terminallift, der Sacrallift, der Sphenoidallift und der Temporallift. Die Pferde genießen die Prozedur sichtlich, wenn man gefühlvoll genug arbeitet. Lifttechniken haben einen extrem entspannenden Effekt und können auch nach Anleitung durch einen Experten vom Pferdebesitzer selbst durchgeführt werden.

Behandlung der Faszien

In der kraniosacralen Therapie werden auch die faszialen Strukturen beeinflusst. Der gesamte Körper ist mit Faszien durchzogen. Dies sind bindegewebige Umhüllungen von Muskeln, Nerven, Sehnen und Organen. Sie haben die Aufgabe des Schutzes der jeweiligen Struktur, aber auch das Sicherstellen der Abgrenzung und Gleitfähigkeit gegenüber der Nachbarstruktur. Nicht selten verkleben jedoch die Faszien miteinander – oft durch ein Trauma oder aber auch durch Imobilisation einer Struktur -, so dass das freie Gleiten der Strukturen nicht mehr gewährleistet ist. Auch nach Ausheilen einer Verletzung bleibt die Verklebung bestehen. Es werden deshalb bestimmte Techniken, einerseits aus der manuellen Therapie, andererseits aus der kraniosacralen Therapie, eingesetzt, um die Faszien zu lösen.

In der kraniosacralen Therapie wählt man eine extrem sanfte Form und übt lediglich einen Druck von fünf Gramm auf das Gewebe aus. Dieser reicht aus, um die querverlaufenden Faszien, auf die in der kraniosacralen Therapie sehr großen Wert gelegt wird, zu lösen. Man spricht von so genannten Diaphragmen, zu denen in erster Linie das Zwerchfell zählt, aber auch die Thorax-Apertur (zervikothorakales Diaphragma), das Diaphragma des Zungenbeins, der Schädelbasis und des Beckens. In der kraniosacralen Therapie wird mit nur sehr wenig Druck gearbeitet, die Ergebnisse sind aber phänomenal. Mittlerweile wurde die Wirksamkeit bestimmter Techniken (z. B. CV4-Technik) der kraniosacralen Therapie durch Studien belegt. Aufgrund der extrem sanften Techniken eignet sich diese Therapieform auch für sehr ängstliche, misstrauische und übersensible Pferde hervorragend.



Quelle:
Renate Ettl für westernreiter (EWU)


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