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Der Araber – Teil 1:
Solide Partner für das Westernreiten oder „Spinner“?
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Wer kennt es nicht, das Vorurteil vom spinnerten Araber, den man eh nicht reiten kann? – Als Araberbesitzer hört man leider immer wieder solche Aussagen. Doch wer sich einmal intensiver mit gut gerittenen Vollblut-Arabern, Shagyas und Co beschäftigt, wird schnell feststellen, dass man keinen Spinner unter sich hat, sondern ein sensibles und fein zu reitendes Pferd, welches zwar manchmal seinen ganz eigenen Kopf hat, aber auch schnell neue Aufgaben erlernt, fleißig ist und gerne mitarbeitet.

 

Besser als sein Ruf
Woher kommt nun der schlechte Ruf?


– Oft liegt es daran, dass viele Züchter in den letzten Jahren besonderes Augenmerk auf ein Schaupferdeexterieur gelegt haben. Um ein immer schöneres und typvolleres Arabisches Pferd zu erhalten, mit vermeintlich spektakulären Bewegungen und ausgeprägten Hechtköpfchen (Dish), werden Modehengste eingesetzt, um auf Schauen erfolgreich zu sein. Diese Hengste haben oft über Generationen keine Sättel mehr getragen. So wird die Selektion auf Leistung, Reiteigenschaften und Charakter, was über Jahrhunderte hinweg ein wichtiger Bestandteil der Araberzucht war, stark vernachlässigt. Hinzu kommt, dass immer wieder Pferde, die für die große Schaukarriere unbrauchbar sind, als günstige Freizeitpferde angeboten werden, häufi g aber keinerlei Reitpferdepoints besitzen und dadurch weder einen entsprechenden Körperbau noch den dazu gehörigen, mental starken Charakter aufweisen.

Dies führt dazu, dass in manchen Ställen nervlich nicht zu belastende, vom Charakter her schwierige und mit Gebäudemängeln behaftete Araber stehen, deren Besitzer kaum mit den Tieren umgehen können und die dann als „Arabische Problempferde“ von sich reden machen. Dass die positiven Beispiele natürlich deutlich weniger auffallen, liegt in der Natur der Sache. Aus Studien wissen wir, dass über ein schlechtes Produkt zwölfmal mehr geredet wird, als über ein gutes Produkt – nicht anders verhält es sich bei Reitern und ihren Pferden. Dabei wird dem Arabischen Pferd und den Züchtern Unrecht getan, die seit Generationen auf Leistung und Rittigkeit züchten. Denn der Araber als ältestes reingezogenes Pferd der Welt steckt nicht nur in fast allen anderen Pferderassen als Veredler, sondern ist schon immer ein Kriegs- und Reitpferd gewesen, das sich durch seine Schnelligkeit, Ausdauer und Härte auf der ganzen Welt verbreitete. Erst in den letzten Jahrzehnten wurde die Zucht besonders bei den Vollblut-Arabern in Schaupferde und Reitpferde aufgesplittet.

Voraussetzungen für Funktionalität: Interieur & Exterieur

Bevor man mit der Ausbildung eines Arabers zum Westernreitpferd beginnt, sollte man sich die simple Frage stellen, ob das Pferd sowohl physisch als auch psychisch überhaupt in der Lage ist, die geforderten Leistungen zu erbringen. Ein hibbeliges, nervöses Pferd mit schlechter Gliedmaßenstellung und unklar getrennten Gängen wird es dem Reiter schwieriger machen als ein Pferd, welches von cooler Mentalität ist, korrekt auf allen vier Beinen steht und wohl proportioniert ist. Der beste Grundstein für ein arabisches Westernpferd ist daher in erster Linie ein korrekter Körperbau.

Der Araber sollte stets über eine mittlere Größe sowie über ein korrektes und kräftiges Fundament mit starken Knochen, Gelenken und einwandfreie Hufe verfügen. Die Brust sollte nicht zu schmal sein (denn oft sind diese Pferde unausbalanciert) und zudem eine gute Tiefe besitzen. Die Proportionen von Vor-, Mittel- und Hinterhand sollten in einem Verhältnis von 1:3 stehen. Das Verhältnis zwischen Beinlänge und Rumpftiefe sollte ebenfalls gleich sein; schlaksige Pferde sind deutlich unausbalancierter. Genauso wichtig sind eine tief bemuskelte und kräftige Hinterhand mit langer und guter Winkelung und eine nicht zu steile Schulter. Schulter, Hinterhand sowie Ober- und Unterlinie sollten die Form eines gleichschenkeligen Trapezes aufweisen. So liegt der Schwerpunkt des Pferdes mehr in der Körpermitte, was dem Pferd den gewünschten Hinterhandeinsatz deutlich erleichtert und sich positiv zudem auf die Balance auswirkt.

Daneben besitzt ein Pferd mit schräger und gut gewinkelter Schulter einen guten Raumgriff und die Gänge sind i. d. R. weich zu sitzen, denn die Schulterstellung begünstigt die beim Westernreiten gewünschten fl achen, weichen und runden Bewegungen. Der Oberarm sollte im Verhältnis zur Röhre nicht zu kurz sein.

Neben den Knochenproportionen spielt aber auch die Bemuskelung des Arabers eine wichtige Rolle. Ein gut bemuskelter Rücken und starke Lenden sind neben einer langer Hüfte und kurzen Röhrbeinen z.B. für das Stoppen oder enge Wendungen, wie sie beim Westernreiten häufi g vorkommen, wichtig. Die gerade und relativ kurze Kruppe bei den Vollblutarabern steht diesem Umstand leider häufi g im Weg, eine gut geeignete Kruppe ist aber durchaus bei einigen Rassevertretern zu fi nden. Wieso haben Araber diese Kruppe? Der ursprüngliche Araber hat ein hohes Kreuzbein, dadurch einen hohen Schweifansatz und eine 90° Winkelung der Hinterhand. Dieser Umstand ermöglicht ihm, sich mit fl achen Gängen sehr ökonomisch und Kraft sparend über lange Strecken fortzubewegen – was ihm beim Distanzreiten natürlich zu Gute kommt, beim Westernreiten aber oft aufgrund des anderen Anspruchs hinderlich sein kann.

Gerade im Westernreiten spielt je nach Disziplin der Galopp eine wesentliche Rolle. Das Pferd soll dabei den Rücken aufwölben, sich rund machen und die Hinterhand unter den Körper schieben. Einige Vollblutaraber springen – meist aufgrund inkorrektem Gebäude – häufi g in den Kreuzgalopp, sobald sie aus der Balance gebracht werden. Dieser Effekt verstärkt sich oft, wenn das Tempo erhöht wird. Solche Pferde sollte man meiden. Bringt der Araber all die o.g. Punkte gebäudetechnisch mit, darf allerdings eins im Vergleich zu den klassischen Westernpferderassen nicht vergessen werden: Der Araber kommt aufgrund seines Muskelaufbaus ab einem gewissen Leistungsanspruch z.B. bei sehr kraftaufwändigen Manövern in der Reining früher an seine körperlichen Grenzen.

Jahrhundertelang auf Ausdauer und Langstrecke gezüchtet, weist der Araber andere Muskelfasern auf, als ein auf Kraft und Schnelligkeit gezogenes Quarter Horse. Verdeutlichen kann man sich diesen Umstand, indem man die Muskelfasern und -ausprägungen eines 100 Meter-Sprinters und eines Marathonläufers bei den Olympischen Spielen vergleicht. Was dem Araber aber oft an Kraft fehlt, bügelt er durch andere Stärken wie seine Sensibilität wieder aus, denn sie begünstigt, dass man ihn mit leichter, kaum sichtbarer Hilfengebung reiten kann. Seine mitgebrachte Intelligenz lässt den Araber zudem neue Manöver und Lektionen schnell erlernen. Um im Westernsport erfolgreich sein zu können, sollte man deshalb stets auch auf ein ausgeglichenes Interieur achten. Nur ein nervenstarker, kooperativer und willig mitarbeitender Araber eignet sich für das Westernreiten. Er sollte in jeder Situation mental ausgeglichen, belastbar und leistungsbereit sein und in Stresssituationen nicht hektisch oder gar panisch werden.

Sind Araber schwierig zu trainieren?

Oft hört man, dass der Charakter des Arabers für das Training als schwierig beschrieben wird. Auf den zweiten Blick zeigt sich erst warum. Der Araber besitzt von Natur aus ein relativ großes Vertrauen und eine große Menschenbezogenheit, er ist sehr aufgeschlossen und neugierig.

Durch einen fairen Umgang und intelligent aufgebautes Training sollte diese Vertrauensbasis unbedingt erhalten, und nicht durch zuviel unnötigen Druckaufbau zerstört werden. Vielen Trainern fehlt dazu leider das nötige Feingefühl.

Auch die ihm oft nachgesagte Sturheit ist im Prinzip eine Form der Intelligenz. Häufi g sieht der Araber einfach nicht ein, warum er denn nun genau dieses Manöver ausführen soll. Hat man ihn aber vom Spaß einer Lektion überzeugt, wird er auch nicht mehr nachfragen, sondern das Gewünschte stets punktgenau ausführen. Viele Reiter haben zudem mit dem Übereifer des Arabers zu kämpfen. Aber auch hier sitzt das Problem meist im Sattel. Ein monotones und demzufolge langweiliges Training mit ein und denselben Manövern ödet den Araber schnell an, sodass er sich selbst ein wenig Abwechslung mit „Blödsinnmachen“ verschafft. Zudem sollte man grade als Araberreiter darauf achten, Manöver immer in Einzelteile zu zerlegen und z.B. am Stangen-L jeden einzelnen Schritt herauszureiten, anstatt das Pferd durchlaufen zu lassen. Sollte sich nämlich an dem Hinderniss in der Prüfung einmal eine kleine Abweichung ergeben, nimmt der recht intelligente Araber die Übung vorweg, getreu dem Motto: „Ich weiß, wie es geht!“, und es kommt zu Fehlern. Wichtig ist, dass der Reiter gedanklich immer einen Schritt dem Pferd voraus ist und im Training keine Langeweile aufkommen lässt. Dass der Araber ein temperamentvolles Pferd ist, mit einem nicht von der Hand zu weisenden Bewegungsdrang und einer je nach Charakter auch großen Vorwärtsbewegung, ist in der Reiterwelt wohl bekannt.

Manche Rassevertreter sind „elektrischer“ als andere Pferde. Auch hierfür gibt es eine Begründung: Als Rennpferd musste der Araber, genauso wie der Traber oder das Englische Vollblut, sofort bei der Sache sein und den Hebel auf „Speed“ umlegen, um Adrenalin für bessere Rennleistung zu produzieren. Durch gezieltes Training kann man sich diese Eigenschaft aber auch zu Nutze machen und mit Geschick, Erziehung und artgemäßer Haltung in die richtigen Bahnen lenken.

Sehr wichtig sind deshalb eine artgemäße Aufzucht mit ausreichend Bewegungsfl äche und vielen Umweltreizen sowie eine gute Erziehung. Denn gerade unausgeglichene und kaum erzogene Araber tragen zum schlechten Ansehen der Rasse bei. Schafft man gute Grundvoraussetzungen, so erhält man ein zuverlässiges Reitpferd, welches umsichtig und sensibel im Umgang und leicht zu Händeln ist.

Ebenfalls erwähnt werden sollte, dass der Araber eine ungerechte und brutale Behandlung sehr schnell übel nimmt. Methoden, die mit Horsemanship so wenig gemein haben wie Sankt Pauli mit einem katholisches Mädchenkloster werden beim charakterstarken Araber nicht Resignation und Fügung hervorrufen, sondern Gegenwehr und Widersetzlichkeit. Bleibt man aber stets fair und arbeitet sinnvoll, wie es eigentlich bei jeder Pferderasse sein sollte, werden schnell große Fortschritte zu erkennen sein. Das soll nicht heißen, dass der Araber nur mit Samthandschuhen angepackt werden darf, ganz im Gegenteil: Konsequenz, Fairness und das richtige Timing sollten stets bei Lob und Korrektur zugegen sein.


Quelle:
Cassandra Mrotzeck für westernreiter (EWU)


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z.B. Petra Roth-Leckebusch für den Bereich Zucht.
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