Dr.agr. Dr.agr. habil.
Ines von Butler-Wemken
ist Expertin
für für den Bereich Vererbung/Genetik im wittelsbuerger.com-Expertenforum.
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Intensive Forschungsarbeiten, die in den letzten Jahren vor allem
an der US Universität von Minnesota unter Leitung von Frau
Prof. Stephanie Valberg durchgeführt wurden, haben verschiedene
Muskelerkrankungen beim Pferd aufgedeckt. Von der Zucker-Stoffwechselerkrankung
PSSM, einer besonderen Form der Muskelerkrankung mit genetischer
Disposition, ist auch das Westernpferd betroffen. PSSM kann hier
jedoch in zwei verschiedenen Varianten auftreten. Für die
Variante PSSM Typ1, die ca. 90 Prozent aller erkrankten Westernpferde
betrifft, steht bereits ein Gentest zur Verfügung.
Trägheit bis zu vollständiger Bewegungsunfähigkeit
Geringfügige Bewegungsstörungen, die schon beim Fohlen
auftreten können, werden häufig als erstes Anzeichen
für die Stoffwechselerkrankung PSSM (PSSM für Polysaccaride
Storage Myopathie) beschrieben. Bei PSSM wird eine weit über
dem Durchschnitt liegende Menge von Mehrfachzuckern (Polysaccharide)
in die Skelettmuskulatur betroffener Pferde eingelagert. Dies
kann zu geringfügigen aber auch zu sehr schweren wiederholten
Krankheitsschüben führen. Der PSSM Krankheitsausbruch
wird beim Westernpferd in den USA im Durchschnittsalter der Pferde
zwischen 4,9 und 6,7 Jahren beschrieben. Meist wird zunächst
nur „Kreuzverschlag“ angenommen. Recht charakteristisch
sind wiederholte Gangunregelmäßigkeiten, Muskelzittern,
Schwitzen bereits bei geringer körperlicher Anstrengung,
Trägheit, aber auch Rückensteifigkeit und Festliegen.
Häufig sind von PSSM besonders ruhige und leichtfuttrige
Pferde betroffen. Akute Krankheitsschübe können immer
wieder auftreten. Die betroffenen Pferde benötigen daher
lebenslang eine spezielle Ernährung und eine stressfreie
Behandlung. Die eindeutige PSSM Diagnose konnte zunächst
nur mit dem Nachweis von untypischen Mehrfachzuckereinlagerungen
in Skelettmuskelproben erkrankter Pferde erfolgen.
Genetischer
Zusammenhang mit GYS1
Eine Arbeitsgruppe an der US Universität von Minnesota hat
dann im Jahr 2007 einen Zusammenhang zwischen der Erbanlage GYS1
(Glykogen Synthese 1) und der Muskelerkrankung PSSM aufgezeigt.
In die Untersuchung wurden gesunde und kranke Pferde aus 35 verschiedenen
Pferderassen einbezogen. Alle Genträger für GYS1 hatten
zugleich PSSM. Die Wissenschaftler konnten bei ihrem Rassenvergleich
zusätzlich nachweisen, dass die Genveränderung GYS1
nur einen einzigen Ursprung hat. Sie hat sich über 140 bis
180 Pferdegenerationen bis heute insbesondere in den Westernpferderassen
Quarter Horse, American Paint, Appaloosa und in ihren Kreuzungen,
aber auch in vielen anderen Pferderassen verbreitet. Allein im
US Quarter Horse schätzen die Wissenschaftler aus Feldstudien,
dass 6% bis 12% der Pferde heute dort Einzelgenträger für
GSY1 sind. Die Erkrankung findet sich in allen Linien und ist
nicht, wie etwa HYPP oder HERDA, nur auf bestimmte Stammfolgen
beschränkt. An der US Universität von Minnesota, dem
Patentträger, wird seit Februar 2008 ein Gentest für
GSY1 angeboten. In Deutschland wird der Test zur Zeit von der
Firma Laboklin, Bad Kissingen durchgeführt. GYS1 hat einen
dominanten Erbgang beim Pferd, dies bedeutet, dass die PSSM Erkrankung
bereits beim Einzelgenträger für GSY1 auftreten kann.
Beim möglichen Zuchteinsatz wird diese Anlage zur PSSM Erkrankung
dann mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent an die nachfolgende
Fohlengeneration weitergegeben. Der Erbgang ist nicht vollständig
dominant, was bedeutet das nicht alle Genträger unbedingt
erkranken müssen. So kann es in wenigen Einzelfällen
durchaus möglich sein, dass auch ein vollständig gesundes
Zuchttier Träger für die Erbkrankheit PSSM Typ1 ist.
Auch GYS1 Nichtträger
können PSSM haben
An der Universität Minnesota wurden in den letzten Jahren
aber auch Pferde zur Untersuchung vorgestellt die eindeutig PSSM
hatten, jedoch Nichtträger für die Erbanlage GYS1 waren.
Damit musste die ursprüngliche Annahme, nur GYS1 Träger
seien zugleich Träger für die PSSM Zucker-Stoffwechselstörung,
eingeschränkt werden. Für das Quarter Horse veröffentlichten
die Wissenschaftler im Juli 2009 eine umfangreiche Studie, die
zeigt, dass es offensichtlich zwei verschiedene Varianten für
PSSM im Westernhorse gibt. Diese werden jetzt mit PSSM Typ1 und
PSSM Typ2 bezeichnet. 90 Prozent der betroffenen Pferde haben
PSSM Typ1, sie werden mit dem GYS1 Gentest sicher aufgedeckt.
Etwa 10 Prozent aller PSSM Krankheitsträger haben dagegen
PSSM Typ2, diese Pferde sind GYS1 Nichtträger und können
daher auch nicht mit dem GYS1 Gentest erkannt werden. Zur eindeutigen
PSSM Krankheitsdiagnose ist bei GYS1 Nichtträgern mit wiederholten
Krankheitsschüben daher nach wie vor ein Nachweis hoher Glycogenmengen
in Muskelschnitten erforderlich, deren Struktur und Einlagerung
auch Unterschiede zum PSSM Typ1 aufzeigen. Diese Untersuchung
sollte daher nur in einem erfahrenen Fachlabor erfolgen. Der Erbgang
für PSSM Typ2 ist noch nicht eindeutig aufgeklärt. Der
empfohlene Vorgang ist aber auch hier, betroffene Pferde zunächst
immer auf GYS1 testen zu lassen.
EMH erschwert
PSSM im Westernpferd
Zusätzliche Studien im Quarter Horse, die im Dezember 2008
und im Februar 2009 von der Arbeitsgruppe an der US Universität
von Minnesota veröffentlicht wurden zeigen, dass PSSM Pferde
mit der Erbkrankheit EMH (Equine Maligne Hyperthermie) stets sehr
schwere Krankheitsschübe haben. EMH ist durch eine stark
erhöhte Kalzium Stoffwechselreaktion bei besonderer Belastung
gekennzeichnet. Die akute Muskelerkrankung wird nur durch sogenannte
Trigger, zum Beispiel durch Narkosemittel (Halothan und andere)
ausgelöst und ist dann für EMH Genträger lebensbedrohlich.
EMH folgt wie GYS1 einem dominantem Erbgang beim Pferd. Die Verbreitung
der Erbanlage EMH ist im Westernpferd jedoch äußerst
selten. Für EMH steht ebenfalls ein Gentest für die
Praxis zur Verfügung. Nur bei Westernpferden mit sehr schweren
PSSM Krankheitsschüben empfehlen die Wissenschaftler an der
US Universität von Minnesota mit GYS1 zugleich auch auf EMH
zu testen.
Keine Heilung
möglich
Für PSSM Typ1 und PSSM Typ2 Pferde gibt es keine Heilung.
Sie sind nach Ausbruch der Erkrankung für Reitzwecke meist
nur noch bedingt einsetzbar. Betroffenen Pferdehaltern kann bisher
nur empfohlen werden, über geeignete Haltungsmaßnahmen
Anzahl und Ausmaß wiederkehrender Krankheitsschübe
bei den Tieren zu reduzieren. PSSM Pferde benötigen lebenslang
eine speziell angepasste Futterdiät, die mit einem Fachberater
unter Berücksichtigung der Haltungsbedingungen aufgestellt
werden sollte. Zur PSSM Krankheitsdiagnose raten die Wissenschaftler
an der US Universität von Minnesota im ersten Schritt immer
zunächst einen GYS1 Gentest durchzuführen. Nur bei sehr
schweren Schüben sollte zugleich auf EMH getestet werden.
Mit dem Gentest für GSY1, der ja bereits beim Fohlen an wenigen
Haarwurzel erfolgen kann, wird es auch möglich, die Anlage
zur PSSM Typ1 Erkrankung schon vor dem möglichen späteren
Ausbruch zu erkennen. Anzahl und Ausmaß der Krankheitsschübe
können hier im Normalfall bereits durch vorbeugende Haltungsmaßnahmen
zumindest deutlich reduziert werden. Für die wenigen PSSM
Typ2 betroffenen Tiere, also die GYS1 Nichtträger, sind zur
eindeutigen Krankheitsdiagnose zur Zeit weiterhin eingehende Laboruntersuchungen
an Skelettmuskelschnitten erforderlich. Aktuelle Informationen
zu den Muskelerkrankungen und zu den bereits angebotenen Gentests
finden sich für Züchter und Halter auch auf der homepage
der US Universität von Minnesota (www.vdl.umn.edu).
Fragen? Die 20 wittelsbuerger.com-Experten helfen
gerne weiter,
z.B. Dr. Ines von Butler-Wemken für den Bereich Vererbung/Genetik.
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