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Bei Hengstfohlen sollten
die Hoden nach zehn Tagen zu sehen oder zumindest zu fühlen sein. Nach drei Monaten
sieht man generell schon mehr. Die Proportionen sind besser zu beurteilen, die
Winkelung von Schulter und Hinterhand ist gut zu erkennen, und auch Fundament
und Bewegung sind genauer einzuschätzen. Jetzt zeigen die Top-Fohlen ihre Klasse;
wirklich herausragende Fohlen haben von Anfang an das, was man „Ausdruck“ nennt.
Man kann es nicht messen, aber auch Laien sehen meist sofort: dieses Fohlen sticht
aus der Masse heraus. Fohlen wachsen in Schüben und sind daher zeitweise sehr
aus der Balance, viele sind mit vier bis fünf Monaten stark überbaut und wirken
dadurch frontlastiger, als sie später einmal sein werden.
Quarter Horses,
Paint Horses und Appaloosas entwickeln sich meist relativ harmonisch und sehen
als Jährlinge wie kleine erwachsene Pferde aus. Bei anderen Rassen ist das anders,
da wirken Jährlinge oft ausgesprochen unharmonisch und schlaksig – man schaut
sie am Besten gar nicht mehr an und wartet mit ihrer Beurteilung bis sie ca. zwei
Jahre alt sind.
Es empfi ehlt sich für den Züchter, Fohlen im Alter von
drei bis sechs Monaten auf einer Zuchtschau einem fachkundigen Richter vorzustellen
und sich dessen Beurteilung erklären zu lassen. Außerdem hat man einen Vergleich
und kann anhand der anderen Fohlen beurteilen, wie gut die Qualität des eigenen
Nachwuchses ist. Bild: wittelsbuerger.com-Forum
Oft ist ein Züchter verärgert, wenn sein vermeintliches „Ausnahmefohlen“ auf der
Zuchtschau auf einem mittleren Rang endet. Dann wird dem Richter natürlich schnell
jegliche Kompetenz abgesprochen oder Parteilichkeit unterstellt. Aber es dauert
etliche Jahre und viele Fohlen, bis man ein geschultes Auge hat und Fohlen wirklich
beurteilen kann. Jeder seriöse Richter wird nur das beurteilen, was er gerade
sieht. Wie sich das Fohlen in der Zukunft entwickelt, kann auch er nicht voraussagen.
Und so kommt es vor, dass sich das Siegerfohlen zu einem Ausnahmepferd oder auch
nur zu einem guten Durchschnittspferd entwickeln kann; aus einem Fohlen aus den
mittleren Rängen wird dagegen später ein Spitzen Sportpferd.
Leider kommt
es selten vor, dass sich Fohlen mit sehr niedriger Bewertung als Überfl ieger
herausstellen, aber ausgeschlossen ist nichts. Über die endgültige Qualität entscheiden
ebenso die weitere Aufzucht und das entsprechende Training.
Ich habe jedenfalls
schon die Erfahrung gemacht, dass aus dem vermeidlich „besten“ Fohlen meiner Fohlenherde,
auf das ich alle Hoffnungen gesetzt hatte, nur ein normales Pferd hervorging.
Beim Einreiten stellte sich aber ein Fohlen aus der Mittelklasse als das größte
Talent heraus. Für die spätere Verwendung als Reitpferd ist außer dem Exterieur
auch das Interieur ausschlaggebend. Das Wesen des Pferdes lässt sich meist erst
wirklich beurteilen, wenn man mit ihm arbeitet. Leider macht schlechtes Training
aus einem Pferd mit gutem Wesen schnell ein Problempferd, während ein verständnisvolles
Training aus einem unsicheren, schwierigen Pferd ein grundsolides und gutes Pferd
machen kann. Bild: wittelsbuerger.com-Forum
Man sollte sich vor vorschnellen Urteilen hüten und ein Jungpferd über einen längeren
Zeitraum beobachten, bevor man sich ein Urteil über sein Wesen anmaßt. In der
Praxis ist es sehr hilfreich, die Elterntiere zu sehen, denn dann hat man oft
einen Hinweis darauf, in welche Richtung sich das Fohlen insgesamt entwickeln
wird. Auch dies ist ein Vorteil der Fohlenschauen, auf denen man zumindest die
Mutterstute sieht.
Wer sich für das Thema interessiert, dem möchte ich
empfehlen, die entsprechenden Seminare für Zuchtrichter besuchen und sich dort
schulen lassen.
Quelle:
Petra Roth-Leckebusch für westernreiter (EWU)
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Petra Roth-Leckebusch für den Bereich Zucht. Zum
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