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Fohlenbeurteilung - ein Fall für den Fachmann
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Alle Tierbabys sehen süß aus, selbst Nashörner oder Faultiere sind als kleine Babys ganz entzückend. Genauso ist es mit Fohlen. Jeder Züchter preist kurz nach der Geburt die außergewöhnlichen Qualitäten seines neuen Fohlens: „Schau mal das hübsche Köpfchen und die schräge Schulter – dass der eine super Hinterhand bekommt, sieht man doch jetzt schon.“ So war es auch bei mir, aber 30 Jahre und ca. 250 Fohlen später weiß ich, wie sehr man sich irren kann..

Sicher kann man schon einen Tag nach der Geburt das Exterieur in etwa beurteilen – wenn man es denn kann. Der Fachmann sieht auch schon, ob das Kleine einen ausgeprägten Widerrist bekommt und wie lang sein Rücken in ungefähr sein wird. Aber die Stellung der Beine ist in den ersten Tagen schwer auszumachen, gerade große Fohlen werden nicht selten zunächst krumm und schief geboren.

Nach ca. zwei bis vier Wochen sollten die Beine gerade sein. Vorne stehen fast alle Fohlen zunächst etwas zehenweit, das wächst sich im ersten Jahr aus. Mit den Hinterbeinen fußen sie anfangs meist sehr breit, weshalb ihre Stellung dort zunächst schwer auszumachen ist.

Wenn man sich Sorgen macht, weil das kleine Fohlen sehr krumm ist, sollte man einen erfahrenen Pferdetierarzt hinzuziehen. Er wird beurteilen können, ob die Fehlstellungen noch im „normalen“ Rahmen sind, oder ob eingegriffen werden muss. Im ersten Lebensjahr kann man noch Stellungsfehler mit Hilfe des Hufschmiedes abmildern, daher ist es wichtig sie rechtzeitig zu erkennen. In 95% der Fälle hilft viel Bewegung, auch auf hartem Untergrund, durch die sich die ersten Fehlstellungen auswachsen und das Fohlen gerade wird.

In den ersten Tagen ist der Hals oft sehr kurz und steil, das wird dann mit jedem Tag besser. Das kleine Köpfchen ist bei der Geburt meist edel und hübsch, das wächst sich leider auch manchmal aus, so dass aus dem edlen Köpfchen ein gewöhnliches Pferd mit einem Durchschnittskopf wird.


Bild: wittelsbuerger.com-Forum

 

Bei Hengstfohlen sollten die Hoden nach zehn Tagen zu sehen oder zumindest zu fühlen sein. Nach drei Monaten sieht man generell schon mehr. Die Proportionen sind besser zu beurteilen, die Winkelung von Schulter und Hinterhand ist gut zu erkennen, und auch Fundament und Bewegung sind genauer einzuschätzen. Jetzt zeigen die Top-Fohlen ihre Klasse; wirklich herausragende Fohlen haben von Anfang an das, was man „Ausdruck“ nennt. Man kann es nicht messen, aber auch Laien sehen meist sofort: dieses Fohlen sticht aus der Masse heraus. Fohlen wachsen in Schüben und sind daher zeitweise sehr aus der Balance, viele sind mit vier bis fünf Monaten stark überbaut und wirken dadurch frontlastiger, als sie später einmal sein werden.

Quarter Horses, Paint Horses und Appaloosas entwickeln sich meist relativ harmonisch und sehen als Jährlinge wie kleine erwachsene Pferde aus. Bei anderen Rassen ist das anders, da wirken Jährlinge oft ausgesprochen unharmonisch und schlaksig – man schaut sie am Besten gar nicht mehr an und wartet mit ihrer Beurteilung bis sie ca. zwei Jahre alt sind.

Es empfi ehlt sich für den Züchter, Fohlen im Alter von drei bis sechs Monaten auf einer Zuchtschau einem fachkundigen Richter vorzustellen und sich dessen Beurteilung erklären zu lassen. Außerdem hat man einen Vergleich und kann anhand der anderen Fohlen beurteilen, wie gut die Qualität des eigenen Nachwuchses ist.


Bild: wittelsbuerger.com-Forum

Oft ist ein Züchter verärgert, wenn sein vermeintliches „Ausnahmefohlen“ auf der Zuchtschau auf einem mittleren Rang endet. Dann wird dem Richter natürlich schnell jegliche Kompetenz abgesprochen oder Parteilichkeit unterstellt. Aber es dauert etliche Jahre und viele Fohlen, bis man ein geschultes Auge hat und Fohlen wirklich beurteilen kann. Jeder seriöse Richter wird nur das beurteilen, was er gerade sieht. Wie sich das Fohlen in der Zukunft entwickelt, kann auch er nicht voraussagen. Und so kommt es vor, dass sich das Siegerfohlen zu einem Ausnahmepferd oder auch nur zu einem guten Durchschnittspferd entwickeln kann; aus einem Fohlen aus den mittleren Rängen wird dagegen später ein Spitzen Sportpferd.

Leider kommt es selten vor, dass sich Fohlen mit sehr niedriger Bewertung als Überfl ieger herausstellen, aber ausgeschlossen ist nichts. Über die endgültige Qualität entscheiden ebenso die weitere Aufzucht und das entsprechende Training.

Ich habe jedenfalls schon die Erfahrung gemacht, dass aus dem vermeidlich „besten“ Fohlen meiner Fohlenherde, auf das ich alle Hoffnungen gesetzt hatte, nur ein normales Pferd hervorging. Beim Einreiten stellte sich aber ein Fohlen aus der Mittelklasse als das größte Talent heraus. Für die spätere Verwendung als Reitpferd ist außer dem Exterieur auch das Interieur ausschlaggebend. Das Wesen des Pferdes lässt sich meist erst wirklich beurteilen, wenn man mit ihm arbeitet. Leider macht schlechtes Training aus einem Pferd mit gutem Wesen schnell ein Problempferd, während ein verständnisvolles Training aus einem unsicheren, schwierigen Pferd ein grundsolides und gutes Pferd machen kann.


Bild: wittelsbuerger.com-Forum

Man sollte sich vor vorschnellen Urteilen hüten und ein Jungpferd über einen längeren Zeitraum beobachten, bevor man sich ein Urteil über sein Wesen anmaßt. In der Praxis ist es sehr hilfreich, die Elterntiere zu sehen, denn dann hat man oft einen Hinweis darauf, in welche Richtung sich das Fohlen insgesamt entwickeln wird. Auch dies ist ein Vorteil der Fohlenschauen, auf denen man zumindest die Mutterstute sieht.

Wer sich für das Thema interessiert, dem möchte ich empfehlen, die entsprechenden Seminare für Zuchtrichter besuchen und sich dort schulen lassen.

Quelle:
Petra Roth-Leckebusch für westernreiter (EWU)


Fragen? Die 20 wittelsbuerger.com-Experten helfen gerne weiter,

z.B. Petra Roth-Leckebusch für den Bereich Zucht.
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Quellewesternreiter

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