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Der Hafer, über Jahrhunderte
auch die wichtigste Nahrungsquelle des Menschen, ist und bleibt
ein wichtiges Pferdefutter. Im Vergleich zu Mais und Gerste, die
auch an Pferde verfüttert werden können, zeigt der Hafer seine
besonderen Vorteile auf. Stärkegehalt und damit Energiegehalt
sind zwar niedriger, doch die Haferverdauung ist beim Pferd immer
besser. Schon die Haferkörner haben eine ideale Größe und Kaufestigkeit
für Pferde. Das Quetschen des Hafers ist hierbei nicht von Vorteil,
es sei denn die Pferde weisen bereits erhebliche Zahnschäden auf.
Im Gegenteil, es ist gut für die Tiere, wenn sie zunächst einen
intensiven Kauvorgang durchführen müssen. Für ein kg Hafer benötigen
ausgewachsene Pferde gut 10 Minuten Futteraufnahmezeit und führen
dabei ca. 830 Kauschläge durch. Mit seinem hohen Spelzenanteil
liefert Hafer den Pferden zugleich auch einen wichtigen zusätzlichen
Rohfasergehalt. Hafer ist reich an ungesättigten Fettsäuren und
Schleimstoffen, was sich besonders positiv auf den Stoffwechsel
der Tiere auswirken kann. So gelingt ein glänzendes Haarkleid,
der Schutz der Darmschleimhaut und auch gute Fruchtbarkeit. Auch
Eiweißmenge und Qualität reichen für fast alle Altersgruppen aus.
Nur beim Absatzfohlen und bei säugenden Stuten empfiehlt sich
die vorübergehende Zugabe eines Ergänzungsfuttermittels mit einem
hohen Eiweißanteil.
Mineralstoffgehalt
nicht optimal
Der Mineralstoffgehalt im Hafer zeigt allerdings für alle Pferde
kein Optimum auf. Hafer ist vor allem sehr kalziumarm. Nur ein
Gramm Kalzium findet sich im Mittel in einem kg Hafer. Mit ca.
3,2 g Phosphor pro kg Hafer wird im Durchschnitt dann ein Kalzium
- Phosphor Verhältnis unter 1:1 erreicht, und das ist nicht gut
für die Tiere. Für Pferde sollte das Kalzium - Phosphor Verhältnis
bei 1,8 bis 2 zu 1 liegen. Liegt es darunter werden dem Skelett
bereits Mineralien entzogen. Das ungünstige Kalzium - Phosphor
Verhältnis wird auch durch Heuzugaben heute meist nicht mehr ausgeglichen.
Hafer hat auch einen Mangel an den fettlöslichen Vitaminen A und
D, ist natriumarm und enthält die Aminosäuren Lysin, obgleich
hier im Vergleich zu allen anderen Getreidearten mit höchstem
Gehalt, sowie Methionin, zumindest für Absatzfohlen meist in doch
zu geringen Mengen. Für die praktische Pferdefütterung ergibt
sich hieraus insgesamt die Konsequenz ein Mineralfutter bzw. im
Winter ein vitaminisiertes Mineralfutter zu zugeben. Eine einseitige
Hafer / Heufütterung könnte ansonsten langfristig doch zu Stoffwechselschäden
führen. Überlagerter gequetschter Hafer wird leicht ranzig, dabei
wird Vitamin E verbraucht. So kann das Haferquetschen durchaus
einen Mangel an Vitamin E nach sich ziehen. Falls überhaupt, empfiehlt
es sich daher immer nur wenige Tagesportionen vorzubereiten und
diese zügig zu verbrauchen.
Pferde
nicht überfüttern
Die insgesamt sehr gute Verdaulichkeit des Hafers im Dünndarm
des Pferdes, das Quetschen bringt hier keinen deutlichen Vorteil,
stößt allerdings auf Grenzen, wenn die Pferde zu viel Hafer erhalten
haben. Durchfall und Krampfkoliken können sehr schnell auf eine
Haferüberfütterung folgen, was sich dann meist auf einen zu hohen
Stärkegehalt im Dünndarm zurückführen lässt. Kleinpferde sind
hier besonders anfällig. Doch es gibt eine praxisbewährte Faustzahl,
maximal ein Pfund Hafer pro 100 kg Lebendgewicht und Mahlzeit
dürfen die Pferde erhalten. Wer die Möglichkeit hat, sollte die
Pferde unbedingt wiegen lassen, das Lebendgewicht wird meist falsch
eingeschätzt. Nur bei sehr hohem Energiebedarf, zum Beispiel bei
Hochleistungspferden im Turniereinsatz, muss dann mit einem Ergänzungsfutter
zugefüttert werden. Grundsätzlich müssen Pferde bei jedem Kraftfuttereinsatz
regelmäßig bewegt bzw. belastet werden. Ist dies nicht möglich,
so ist die Kraftfuttermenge auch zur Vermeidung von Kreuzverschlag,
an den sogenannten Stehtagen deutlich zu reduzieren. Bei wiederholtem
Kreuzverschlag ( RER und PSSM Gendefekt, häufiger bei Vollblut
und Western Pferden) sollte allerdings jede Getreidefütterung
bei den betroffenen Tieren eingestellt werden. Das Sprichwort
– den sticht der Hafer - ist wohl auf die gute Verdaulichkeit
und auf den Energieschub des Getreides zurückzuführen. Das es
Pferde gibt, die auch bei korrekter Dosierung und ausreichender
Belastung übernervös auf Hafergaben reagieren, wird in der Praxis
häufig diskutiert. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass zuckerreiches
Futter ( Kraftfutter, Getreide, Zucker) endogene Botenstoffe beim
Pferd freisetzen kann, welche bei hohen Gaben übernervöses Verhalten
bei hierfür besonders empfindsamen und weniger stressresistenten
Pferden doch vermehrt auslösen können.
Die Qualität überprüfen
Für den Landwirt hat der Futterhafer niedrige Produktionskosten
und einen guten Fruchtfolgewert. Trotzdem wurde der Haferanbau
bei uns in den letzten Jahrzehnten um fast 30 Prozent reduziert.
Nicht in jedem Jahr lässt sich Hafer von guter Futterqualität
anbauen, was deutliche Unsicherheiten bei der Vermarktung nach
sich zieht. Die Haferfütterung kann in der Pferde-Praxis tatsächlich
dann problematisch werden, wenn die Qualität des Getreides nicht
mehr stimmt. Vor allem falscher Umgang mit dem Futterhafer kann
zu einer hohen Keimbelastung und auch Staubbelastung führen. Bei
Stichprobentests in den letzten Jahren zeigte sich doch schon
jede dritte Probe hier zu stark belastet. Bei hoher Keimbelastung
stimmen die Lagerbedingungen meist nicht. Hafer muss nach der
Ernte auf 14 Prozent Restfeuchtigkeit sorgfältig getrocknet werden,
wird er über längere Strecken transportiert sind 12 Prozent nötig.
Anschließend ist eine saubere und trockene Lagerung erforderlich,
das Getreide darf auch nicht in der feuchten Stallluft gelagert
werden. Um die Keimbelastung nach der Ernte zu reduzieren und
um die sogenannte Schwitzphase des Getreides zu überbrücken, wird
vor dem Verfüttern allgemein eine Mindestlagerzeit von sechs bis
acht Wochen empfohlen. Wird zu frisch gefüttert, steigt das Risiko
für Koliken ganz erheblich.
Das Litergewicht gibt Hinweis auf den Futterwert
Auf dem Futtermarkt wird Weiß-, Gelb- oder Schwarzhafer angeboten.
Schwarzhafer hat einen leicht erhöhten Eiweißanteil. Bei allen
Sorten ist der Körnerquerschnitt hellgelb bis weiß. Grauer oder
dunkler Querschnitt und dunkle Beläge deuten auf Schimmelpilze,
solcher Hafer ist leicht zu erkennen und darf nicht verfüttert
werden. Grundsätzlich dürfen auch keine dumpfig-muffigen, verunreinigten
oder gar feuchte Partien eingesetzt werden. Auch bei Milbenbefall
darf das Getreide nicht verwendet werden. Auf den Milbenkot reagieren
viele Pferde heute mit asthmaähnlichen Anfällen. Hafer mit Erde,
Staub und Unkrautsamen sollte vor dem Füttern gereinigt werden.
Der Restfeinstaub wird bei staubempfindlichen Tieren am besten
in der Krippe mit wenig Wasser oder mit Melasse gebunden. Quetschhafer
wird, wenn überhaupt, immer nur in kleinen Partien hergestellt
und umgehend verbraucht. Die Landwirtschaftlichen Untersuchungsanstalten
bieten heute eine praxisgerechte Prüfung auf den Gesamtkeimgehalt
von Futterhafer an. Es lohnt sich auch den Futterhändler nach
einem solchen Untersuchungsergebnis zu fragen. Der Futterwert
und auch die Keimbelastung des Hafers hängen von dem sogenannten
Hekto-Liter-Gewicht ab. Schon im vorletzten Jahrhundert durfte
Hafer mit einem Viertellitergewicht unter 115,5 g nicht mehr an
Armeepferde gefüttert werden. Leichtere Körner haben meist mehr
Eiweiß, weniger Energiegehalt, erhöhte Keimbelastung und reduzierte
Verdaulichkeit. Das Litergewicht kann mit jeder Haushaltswaage
ermittelt werden. Man füllt ein Litermaß und ermittelt das Nettogewicht.
Für Pferde wird allgemein Hafer mit einem Litergewicht über 540
g empfohlen, liegt es darunter, kann bei Freizeitpferden vorübergehend
mit höheren Futtermengen ausgeglichen werden. Partien unter 460
g haben dagegen einen zu mäßigen Futterwert und sollten auch in
der Kleinpferdehaltung nicht mehr eingesetzt werden.
Bei guter Qualität ein optimales Pferdefutter
Insgesamt lässt sich festhalten, bei geprüfter Qualität und mit
Ergänzung eines vitaminisierten Mineralfutters ist und bleibt
der Hafer, bevorzugt für Freizeitpferde, ein optimales und preiswertes
Pferdefutter. Die Futtermenge kann hier dem jeweiligen Bedarf
der Pferde gut angepasst werden. Pro Mahlzeit sollte aber höchstens
ein Pfund Hafer pro 100 kg Lebendmasse angeboten werden.
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