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Birgit
Bayer
Pferdewirtschaftsmeisterin
Staatl. gepr. Besamungsbeauftragte
Die instrumentelle Samenübertragung, im Umgangssprachgebrauch
,, künstliche Besamung,, genannt, ist keine Entdeckung der Neuzeit.
Die ersten Erfahrungen mit dieser Art der Besamung machten bereits
Pferdezüchter aus dem arabischen Raum, wie aus überlieferten Schriften
aus dem 14.Jahrhundert hervorgeht.
Bereits um die Jahrhundertwende wurde in Europa mit systematischen
Untersuchungen zur Pferdebesamung begonnen.
Die Verfahren wurden erheblich verbessert und in Deutschland nach
dem 2.Weltkrieg zur Bekämpfung von Deckseuchen umfangreich
eingesetzt.
Erst in den letzten 15 Jahren hat sich in Europa ein routinemäßiger
Einsatz dieser Methode entwickelt.Grundsätzlich ist zu bemerken,
dass die instrumentelle Samenübertragung beim Pferd nichts künstliches
ist, deshalb trifft der Begriff -künstlich - in
Zusammenhang mit dieser Methode nur ungenau zu.
Die deutsche Sprache bietet in ihrer Vielfalt eine wesentlich
genauere Formulierung, um den Vorgang der Samenübertragung vom
Hengst auf die Stute zu umschreiben.
In der Fachsprache spricht man deshalb von der instrumentellen
Samenübertragung .Mittlerweile ist die Samenübertagung beim Pferd
ein unverzichtbares Instrumentarium der Zuchtstrategie geworden
um das Erbgut herausragender Hengste zu verankern.
So liegt in der hannoverschen Zucht am Landgestüt Celle mittlerweile
der Anteil der instrumentellen Besamung im Vergleich zum Natursprung
bei annähernd 100%.
Auf den gesamten Bereich NRW bezogen beträgt diese
Technik der Besamung etwa 50-55% und soll bis
zum Jahr 2002 auf 70-75% steigen.
Dabei hat sich eindeutig das Prinzip der Frischsamenübertragung
durchgesetzt.
Die
künstliche Besamung gewinnt auch in der europäischen Paint Horse
und Quarter Horse Zucht zunehmend an Bedeutung.
War diese Besamungsart aufgrund der grossen Entfernungen in
den USA seit Jahren weit verbreitet, wurde in Deutschland in den
ersten Jahren der Westernpferdezucht hauptsächlich im Natursprung
gedeckt.
Die Entwicklung der Quarter Horse und Paint Horse Zucht in Europa
machte in den letzten Jahren ein Umdenken erforderlich und immer
mehr Hengststationen werben mit dem Versand von Frischsamen.
Eine gute Entwicklung, denn die instrumentelle Besamung bringt
für den Stutenbesitzer und den Hengsthalter erhebliche züchterische,
wirtschaftliche und veterinärhygienische Vorteile.
Vorteile
der Besamung für den Stutenbesitzer
·
Freie Wahl des für die Zucht optimalen Hengstes,
unabhängig vom Standort.
Keine Anfahrtswege und Aufenthalte in fremden Ställen, somit Vermeidung.
von Stress –, Verletzungs- und Infektionsrisiko bei
Stute und Fohlen beim
Transport und im Fremdstall.
Höhere Abfohlraten durch gezieltere Besamung zum optimalen Zeitpunkt.
Kein Risiko der Infizierung und Verletzung beim Deckakt.
Minimierung der Deckkosten.
Vorteile für den Hengstbesitzer
·
Erweiterung des Kundenpotentials.
Optimale Nutzung des des Spermapools
bei geringer körperlicher Beanspruchung des Hengstes.
Kein Infektions- und Verletzungsrisiko bei Hengst und Stute.
Bessere Kombinationsmöglichkeiten bei Zucht und Sport, da
die Samenentnahme ausserhalb der Turniersaison erfolgen kann.
Anlage von Genreserven
Stark frequentierte Hengste können schonender eingesetzt werden,
da ein Ejakulat für mehrere Stuten verwendet werden kann.
Unterscheidung in Methoden
Frischsamen (Nativsamen)
Der Nativsamen hat außerhalb des Körpers nur eine Überlebensdauer
von ca. 30 Minuten
und kann somit nur sofort übertragen werden.
Er ist von untergeordneter Bedeutung und wird in der Regel nur
bei Unverträglichkeiten gegen Verdünner eingesetzt,
oder wenn die Stute zum Abnahmezeitpunkt auf der Besamungsstation
steht.
Aufbereiteter Frischsamen
Das zu Zeit gebräuchlichste Verfahren.
Der Hengst wird abgesamt, das Ejakulat untersucht, zentrifugiert,
verdünnt, danach portioniert und gekühlt. Durch den Einsatz moderner
Kurierdienste kann der Samen in der Regel innerhalb von 20 Stunden
an fast jedem Ort in Deutschland und in das benachbarte Ausland
transportiert werden. Moderne Tyrode – Verdünner sind in der Lage
den Samen bis zu 48 Stunden haltbar zu machen.Es ist zu beachten,
dass die Kühlkette nicht unterbrochen werden darf und der Samen
im Normalfall innerhalb von
ca. 36 Stunden verwendet wird, um eine hohe Konzeptionsrate zu
erreichen.
Eine tierärztliche Kontrolle ist nötig, um möglichst nah am Ovulationszeitpunkt
zu besamen
Dieses Verfahren zeichnet sich durch hohe Befruchtungs- und Abfohlraten
aus.
Die Anzahl der aus einem Ejakulat gewonnenen Portionen liegt bei
3 – 15 Portionen, die Befruchtungsraten sind mittlerweile bereits
höher als im Natursprung.
Unkomplizierte Handhabung:
Stutenbesitzer ordert ca. 24 Std. vor der geplanten Besamung den
Samen.
Tiefgefriersamen
Bei diesem Verfahren wird der entnommene Samen nach einem
festgelegten Abkühlprozess bei –196°C in flüssigem Stickstoff
tiefgefroren und gelagert.
Tiefgefriersperma kann nach Änderung der Bestimmungen der AQHA
und APHA in 2001 erstmalig eingesetzt werden.
Der Samenimport von US Spitzenvererbern nach Europa wird somit
erheblicht erleichtert.
Genreserven könnten angelegt werden, wobei dies sicherlich bei
wenigen Ausnahmevererbern sinnvoll wäre und die AQHA und APHA
nur eine Verwendung des Samens bis zum Ende des Jahres seines
Todes zulässt.
Die Kombination von Sport und Zucht mit Hengsten ist problemloser
möglich, da in der turnierfreien Zeit Spermareserven angelegt
werden können.Bei allen offensichtlichen Vorteilen hat der Einsatz
von Tiefgefriersamen jedoch auch erhebliche Nachteile. In der
Warmblutzucht konnte sich dieses Verfahren nach anfänglicher Euphorie
nicht durchsetzen und ist mittlerweile nur noch von untergeordneter
Bedeutung.
Problemursache Hengst
Nicht jeder Hengst ist geeignet zur Samenübertragung mit Tiefgefriersperma,
d.h. nicht jeder Samen ist tiefgefriertauglich. Entscheidend sind
hier die Auftauraten.
Die Motilität, d.h. Vorwärtsbeweglichkeit d. Spermien sollte nicht
unter 50 % liegen,
bei einer Motilität unter 35 % ist er unbrauchbar. Auch eine Kopfkappenablösung
bei mehr als 25 % der Samenzellen führt zur Unbrauchbarkeit.
In der Warmblutzucht geht man davon aus, dass lediglich etwa 1/3
der Hengste TG tauglich sind.
Problemursache Einfriermethode
Die weitverbreitete Portionierung in 4 ml. Pailletten bei 20 Minuten
Abkühlung in Stickstoffdampf und dem anschliessenden Eintauchen
in flüssigen Stickstoff führt zu sehr niedrigen Auftauraten.
Als Auftaurate bezeichnet man den Prozentwert der vorwärtsbeweglichen
Spermien nach dem Auftauprozess.
Zu empfehlen ist die Portionierung in 0,5 ml. Pailletten bei einem
schonenden computergesteuerten Einfrierverfahren.
„Gute“ Tiefgefrierhengste erzielen hierbei eine Auftaurate von
60-70% Motilität.
Dieses Verfahren ist jedoch extrem kostspielig, der Preis für
die dazu notwendige technische Einrichtung beträgt
150.000 – 200.000 DM.
Auch der Versand von Tiefkühlsamen ist durch den Einsatz
von Transportbehältern mit hohem k-Wert erheblich kostspieliger.
Die Konzeptionsrate beträgt auch bei optimalen Bedingungen im
Durchschnitt nur zwischen 30-50%
Zieht man dann noch die Abfohlrate von ca. 70% in Betracht,
bekommen nur 25-40% der mit TG besamten Stuten im Folgejahr ein
lebendes Fohlen. !!!Stellt man diese nüchternen Fakten der
möglichen Perspektive einer Bedeckung durch einen US-Hengst gegenüber,
so muss der Stutenbesitzer überlegen, ob er nicht lieber ein Fohlen
von einem europäischen Spitzenhengst auswählt.
Grundsätzliches zu Besamung
Unabhängig davon, ob Kühl- oder Tiefgefriersamen verwendet wird,
ist von entscheidender Bedeutung, dass die Stute von einem Tierarzt
betreut wird, der im Bereich der Gynäkologie absolut kompetent
ist.
Die Stute sollte klinisch gesund, sein und sich sich in
einer guten Konstitution befinden.
Die Feststellung des optimalen Besamungszeitpunkts ist ein elementarer
Faktor der Besamung und ist bei fehlerhafter Einschätzung der
häufigste Grund für das Nichtzustandekommen der Trächtigkeit.
Stuten die frei oder im Natursprung gedeckt werden reagieren ausserhalb
der Rosse durch ihr Verhalten ablehnend auf den Hengst. Damit
hat die Natur ausgeschlossen, dass z.B. eine bereits tragende
Stute erneut gedeckt wird und dadurch absorbiert.
Da Stuten diese Reaktionen bei der instrumentellen Besamung nicht
unbedingt zeigen, ist eine vorherige genaue Untersuchung des Muttermundes
durch den Besamenden unabdinglich.
Durch den Kontakt mit dem Hengst erfolgt beim Natursprung eine
Stimulation der Stute wodurch ein Paarungsverhalten ausgelöst
wird das mit äusserer Rosse bezeichnet wird. Ein Abprobieren der
Stute vor der instrumentellen Besamung wirkt sich posiv auf die
Konzeption aus und ist zu empfehlen.
Die Stute sollte sich in einer möglichst hohen Fruchtbarkeitsklasse
befinden.
( In die Klasse I gehören z.B. Fohlenstuten und Maidenstuten
ohne klinische oder bakteriologische Bedenken, mit einer Fruchtbarkeitsaussicht
von 70 – 100%)
Die Stute sollte klinisch gesund und die Tupferprobe einwandfrei
sein.
Fachliche Beurteilung der inneren und äußeren Rosse
( Die Beschaffenheit und das Erscheinungsbild des Muttermundes
ist ein wichtiges Merkmal )
Gesetzliche Anforderungen
Jeder Hengst benötigt in Deutschland eine eine Besamungserlaubnis
gem. §§ 10 + 11 Tierzuchtgesetz.
Der Antrag auf eine Besamungserlaubnis kann nur von einer staatl.
anerkannten Besamungsstation gestellt werden.
Der Versand von Samen darf nur an einen Tierarzt oder eine anerkannte
Besamungsstation erfolgen.
APHA / AQHA registrierte Hengste benötigen eine Genehmigung der
entsprechenden amerikanischen Zuchtverbände.
Hengste die in USA stehen benötigen ebenfalls eine Besamungserlaubnis
nach §§ 10 +11
unter Berücksichtigung der durchgeführten Untersuchungen und Tests
und dem Nachweis, dass der Zuchtwert
über dem anderer Zuchttiere liegt.
In Nordrhein Westfalen ist eine zusätzliche Genehmigung durch
das Landwirtschaftsministerium erforderlich.
Der
Ablauf
Der
Stutenbesitzer unterzeichnet einen Deckvertrag mit dem Hengsthalter
und fordert nach Absprache mit dem Tierarzt den Samen ca.
24 Std. vor der geplanter Besamung an.
Der Samen wird in einem speziellen Transportbehälter zusammen
mit einem Samenverwendungsnachweis
( Cooled Semen Transportation,Collection and Insemination Report
) an den Tierarzt oder die Besamungsstation versandt.
Die zu besamende Stute wird von Tierarzt oder Besamungsbeauftragten
identifiziert, der Samen auf seinen Zustand geprüft.
Die Stute wird besamt, der Besamende quittiert die Verwendung.
Ein Durchschlag geht zurück an die Hengststation, einer verbleibt
bei dem Besamenden, einen erhält der Stutenbesitzer, ein weiterer
muss innerhalb von 10 Tagen an die
AQHA / APHA geschickt werden.
Nach der Geburt des Fohlens wird für Stute und Fohlen ein DNA
Test erstellt und an den entsprechenden amerikanischen Zuchtverband
geschickt.
Fragen? Die 20 wittelsbuerger.com-Experten helfen gerne weiter,
z.B. Dr. Ines von Butler-Wemken für den Bereich Vererbung/Genetik.
Zum
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